Seite 9 - BS_Biographisches_Lexikon

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Einleitung
Die rund 1.200 Personen des vorliegenden
Lexikons bieten aus 1100 Jahren eine Auswahl
aus einem großen und schwer überschaubaren
Fundus von bemerkenswerten Menschen dieser
Geschichtslandschaft. Einige statistische Hin-
weise mögen die Schwierigkeiten der Auswahl
verdeutlichen. Die Allgemeine Deutsche Biogra-
phie (ADB; seit 1875) enthält 26.000 biogra-
phische Artikel aus dem deutschsprachigen
Raum (bei einer Einwohnerzahl im Kernbe-
reich, d.h. des Deutschen Reiches, von 53 Milli-
onen). Die Deutsche Biographische Enzyklopä-
die (DBE; seit 1993) behandelt 60.000 Personen
aus demselben Gebiet. Im Lande Braunschweig
(Fürstentümer Wolfenbüttel und Blankenburg)
lebten 1799 etwa 200.000 Menschen, es wies
1793 10 Städte, 9 Flecken und 413 Dörfer sowie
ca 80 Rittergüter auf. Um 1550 leiteten Amt-
männer in 35 Ämtern die Lokalverwaltung. Bis
zur Reformation bestanden im Lande – mitsamt
dem Zuerwerb von Stadt und Kreis Goslar (1941)
– mehr als 40 Klöster, Stifte und Kommenden.
Zudem gab es eine Vielzahl von Burgen
5
. Allein
aus dem Pfalzstift in Goslar sind in den ersten
50 Jahren des Bestehens wohl 25 Reichsbischöfe
hervorgegangen.
In den Städten und lokalen Zentren sind
besonders Funktionsträger und bedeutende
Persönlichkeiten zu vermuten. In der Frühneu-
zeit gab es etwa 25 herzogliche Kanzler und seit
dem Ende des Mittelalters bis etwa 1635 nicht
weniger als 118 fürstliche Räte. Von 1641 bis
1714 unterhielt das Land außer 14 Generälen
noch 969 Offiziere. Den Wolfenbütteler Harz-
bergbau leiteten in der Frühneuzeit etwa 20
Berghauptleute.
Von den rund 280 Professoren der Universi-
tät Helmstedt sind etwa 170 als national bedeut-
sam in einem Artikel in der ADB gewürdigt
worden. Eine vollständige Aufnahme dieser
1. Von Land und Leuten
Nach einer mittelalterlichen Formel bestehen
Regionen aus „Land und Leuten“. Die Geschichte
des Landes Braunschweig ist in zwei modernen
Gesamtdarstellungen ausführlich behandelt
1
. Es
fehlte bisher ein orientierendes Nachschlagewerk
über die „Leute“ dieser Geschichtslandschaft für
das Mittelalter und die Frühneuzeit. Der vorlie-
gende Band soll die Lücke schließen und den
Reichtum der braunschweigischen Geschichte auf
allen Gebieten zugänglich machen.
Ein bekanntes Zitat von Heinrich Heine
„Unter jedem Grabstein liegt eine Weltge-
schichte“ lässt erahnen, warum Biographien
seit der Antike eine feststehende und beliebte
Literaturgattung auch in der Geschichtsfor-
schung geworden sind. Dementsprechend hat
man in Niedersachsen und im Lande Braun-
schweig schon früh an biographischen Zusam-
menstellungen gearbeitet. Im 17. und 18. Jahr-
hundert erstellte man spezielle Listen bzw.
Kataloge nach Berufs- oder Fachrichtungen von
Pfarrern, Universitätsprofessoren, Verwal-
tungsbeamten usw. Die sehr viel umfang-
reichere Sammlung des braunschweigischen
Juristen Karl Gesenius (1746-1829) „Von
Gelehrten und anderen verdienten oder sonst
merkwürdigen Personen der Braunschweig-
Lüneburgischen Lande“
2
blieb ungedruckt.
Auf Initiative und unter Leitung des Wolfen-
bütteler Archivdirektors Paul Zimmermann
sollte im Auftrag der Historischen Kommission
für Niedersachsen und Bremen ab 1924 ein
„Biographisches Handbuch für Niedersachsen“
erarbeitet werden
3
. Die zu diesem Zweck vom
Bibliotheksdirektor Friedrich Busch gesammel-
ten ungedruckten Materialien mit rd 16.000
Namen bearbeitete und vermehrte Reinhard
Oberschelp, legte sie aber leider nur maschinen-
schriftlich vervielfältigt vor
4
.
1
Braunschweigische Landesgeschichte im Überblick,
hrsg. von Richard Moderhack, Braunschweig 1979; Die
Braunschweigische Landesgeschichte. Jahrtausendrück-
blick einer Region, hrsg. von Horst-Rüdiger Jarck und
Gerhard Schildt, Braunschweig 2000. Ein schnell orien-
tierender populär abgefasster Kurzüberblick: Von Otto
bis Phaeno. Kleine braunschweigische Landesgeschichte
für eine europäische Region, hrsg. von Horst-Rüdiger
Jarck mit Annette Boldt-Stülzebach, Gudrun Fiedler und
Bettina Schmidt-Czaia, Braunschweig 2004.
2
StA Wf VI Hs 10 Nr. 1; vgl. O. Hahne in: Brsger Genea-
logische Blätter Nr. 3-5, 1927, S. 46ff.
3
S. F. Busch, Der Plan einer allgemeinen niedersäch-
sischen Biographie, in: Nds. Jb. Bd 2, 1925, S. 208-216.
4
„Niedersächsische Personen. Datennachweis zu Per-
sonen, die in nds. Bibliographien bis zum Berichtsjahr
1980 einschließlich erfaßt sind“. 22 Bde, 1988-1991,
bearb. von B. Eyssen, hrsg. von R. Oberschelp (Typo-
skript). Kopie aus Leibnizbibl. Hannover in StA Wf,
Dienstbibl. Zg. 224/94.
5
Braunschweigische Landesgeschichte. Jahrtausend-
rückblick (wie Anm. 1), 2000, S. 384: Burgenkarte.