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Zur Landschaftsgeschichte Fallerslebens
Kreide – sind inzwischen als die große Zeit der Dino-
saurier fast jedermann bekannt. Seine vielgestaltige
Form verdankt das Berg- und Hügelland in erster Linie
komplizierten tektonischen Prozessen, die im jüngeren
Mesozoikum und insbesondere im Tertiär, dem Zeit-
alter zwischen Erdmittel- und Eiszeitalter, wirksam
wurden. Gesteinspakete wurden zerbrochen oder ver-
bogen, angehoben und schräggestellt. Uralte, aber be-
dingt durch den Druck der aufliegenden Gesteine und
die Erdwärme in tieferen Schichten mobile Salz-
ablagerungen begannen, an Bruchlinien aufzusteigen.
Sie erreichen nur deswegen nicht das Tageslicht, weil
sie im Bereich des Grundwassers ständig gelöst werden
und sich ein sogenannter Gipshut bildet.
Die folgenden Eiszeiten, für die intensive Abtragungs-
und Formungsprozesse typisch sind, modellierten
dann die Landschaft und wirkten so ebenfalls intensiv
an der Entstehung des sehr abwechslungsreichen
Reliefs mit, welches das Berg- und Hügelland heute
kennzeichnet.
Weit im Südosten des Landes überragt schließlich
der Harz als typisches Mittelgebirge alle anderen Land-
schaftsräume. Sein Baustoff stammt überwiegend aus
dem Erdaltertum und ist folglich noch ungleich älter
als der des Berg- und Hügellandes. So liegen hier zum
Beispiel mindestens 280 bis über 400 Millionen Jahre
alte, aus den Formationen Silur, Devon und Karbon
stammende Tonschiefer und Grauwacken weitver-
breitet an der Erdoberfläche.
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Letzteres ist auch in
diesem Fall eine Folge der angesprochenen tektonischen
Prozesse, die den Harz in seiner Gesamtheit wieder
„ans Tageslicht beförderten“ und ihn zugleich – dies gilt
stets und überall in solchen Fällen – aber auch der Ab-
tragung preisgaben.
An manchen Stellen wird die wohlgeordnete
Reihenfolge jedoch durcheinandergebracht. Die
markanteste dieser Ausnahmen – dieser kleine Ausflug
sei erlaubt, da der betreffende Ort noch in anderem
Zusammenhang für Fallersleben eine Rolle spielt – liegt
zwar politisch in Schleswig-Holstein, ist aber erd-
geschichtlich ein einsamer Außenposten des Nieder-
sächsischen Berg- und Hügellandes mitten in der
Deutschen Bucht: Helgoland. Die Felseninsel besteht
aus Sandstein (und bestand einst zum Teil auch aus
Kalk), der von einem Salzstock im Untergrund relativ
weit emporgehoben wurde. Auch den Raum Fallers-
leben
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kennzeichnet, zumindest in kleinerem und
regionalem Maßstab, eine Besonderheit. Das Erdmittel-
alter ist hier an der Oberfläche „präsent“ und somit
zum Beispiel der Hildesheimer und Magdeburger
Lössbörde entgegen besagter wohlgeordneter Reihen-
folge nördlich vorgelagert.
Blau, Braun und Grün
In der geologischen Karte
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, die Strukturen beschreibt,
die bis in zwei Meter Tiefe unter Geländeoberfläche
liegen, zeigt sich diese kleine Besonderheit in Form von
blau eingefärbten Flächen im Südwesten, Süden und
Osten Fallerslebens.
Diese Farben bezeichnen hier Ton-, Kalk-, Mergel-
und Schluff-, stellenweise auch Sandsteine. Sie stam
men aus den drei Abteilungen unterer, mittlerer und
oberer Jura jener gleichnamigen Formation und
wurden vor ungefähr 200 bis 145 Millionen Jahren ab-
gelagert.
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Mit den geologischen Zeitläuften zu Ge-
steinen verfestigt, tauchten sie dann, wie angedeutet,
im Rahmen der Entwicklung des Berg- und Hügel-
landes wieder auf und sind heute ein Teil des Land-
schaftsraumes, der als Ostbraunschweigisches Hügel-
land bezeichnet wird.
Im Osten, Süden und Westen der Fallersleber Ge-
markung bestimmen so relativ niedrige, gleichsam
„mild reliefierte“ Hügel die Landschaft, deren lang-
gezogene Kämme, sogenannte Schichtrippen, von
widerstandsfähigeren Kalken und Sandsteinen gebildet
werden.
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Die resultierenden Höhenunterschiede des
Fallersleber Hügellandes machten sich selbstverständ-
lich schon die Altvorderen zu nutze – sei es, um
Mühlenteiche oder kleine, einem Tal folgende Ketten
von Stau- und Zuchtteichen
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anzulegen.