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Handwerk und Gewerbe vom ausgehenden 18. bis in das 20. Jahrhundert
Wenn Anschlüsse von Meistern auf Widerstände
stießen, schaltete sich, wie im Falle der Schneider, das
Amt Fallersleben ein und regulierte den Zugang. Neben
den 15 Schneidermeistern in Fallersleben gab es 1824
noch 26 Landschneidermeister, die der Gilde zu
gerechnet wurden. Von ihnen waren nur zwei
konzessioniert, die weiteren 24 Meister waren nur so
genannte „Bauernschneider“, die aber freiwillig um
Aufnahme in die Gilde gebeten hatten. Nur den
konzessionierten Schneidermeistern wurde „Edel
arbeit“ gestattet, sie waren somit als einzige den
städtischen Meistern gleichgestellt.
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Manche Hand
werkssparte in Fallersleben beantragte vergeblich die
Erteilung eines Gildebriefes. So gelang es den an
sässigen Schlachtern nicht, der unliebsamen Konkur
renz durch Hausschlachter über die Gildeprivilegien
Herr zu werden. Sie wurden um 1805 von der König
lichen Regierung mit der Begründung abgewiesen, dass
das Schlachten im Flecken von jeher eine „freye
Nahrung“, also unreglementiert gewesen ist.
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Eine
Sondersituation stellte sich bei den Färbern dar, deren
an sich schon geringe Anzahl im Flecken auf nur noch
einen gesunken war. Hier nutzte die Königliche
Regierung die Möglichkeit, durch Verbund der Fach
handwerker in den Städten Wittingen, Uelzen und
Fallersleben eine gemeinsame Gilde zu verfügen.
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Eingreifen mussten die Behörden auch, als es offen
sichtlich Widerstände der Zimmergilde in Fallersleben
gab, einen Zimmermann aus Ehmen in die Fallersleber
Gilde aufzunehmen. Die Provisorische Regierungs-
Kommission in Hannover genehmigte nach Anhörung
des Amtes Fallersleben am 17. Juni 1815 den Eintritt des
Zimmermeisters Bartels aus Ehmen in die Zimmer-Gilde
Fallersleben. Die Zahl der Gesellen von Bartels blieb
dabei unbestimmt. Das Amt hatte der vorgesetzten Be
hörde berichtet, „dass der Supplicant ein ausgezeichnetes
Talent zur Zimmerprofession besitzt, und solches in
seinen Wanderjahren, besonders in Hamburg, so sehr
ausgebildet hat, daß er für den gescheitesten Zimmer
mann in der hiesigen ganzen Gegend gehalten wird.“
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In einem anderen Fall sorgte die behördliche Aufsicht
ebenfalls dafür, dass sich der Zimmermann Scheibke
aus Rhode der Zimmer-Gilde Fallersleben anschließen
konnte. Eingewandt wurde zunächst von der Fallers
leber Gilde ein unzureichendes Meisterstück des Rhoder
Zimmermanns. Ein bestellter Gutachter berichtete dem
Amt, dass die gestellte Aufgabe für einen „Landzimmer
meister“ viel zu schwer gewesen sei. Lediglich ein
routinierter Meister einer bedeutenden Provinzstadt
wäre in der Lage gewesen, das komplizierte Meister
stück anzufertigen. Als Resultat genehmigte das Amt
Fallersleben am 14. März 1831 die Gilde-Zulassung des
Zimmermeisters Scheibke.
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Aus diesen beschriebenen
Fällen wird vor allem deutlich, dass sich die Angehörigen
von Gilden unliebsamer Konkurrenz mit allen vermeint
lich zur Verfügung stehenden Mitteln erwehren wollten.
Auch die Fallersleber Bäcker ersuchten das Amt
Fallersleben, die Gilde in Fallersleben zu Beginn des
19. Jahrhunderts auf sieben Meister zu beschränken,
„weil sich im Orte nicht mehr als 7 Bäckermeister
nähren könnten.“ Als entscheidende Instanz lehnte am
26. August 1817 die Königliche Provinzial-Regierung
in Hannover die Begrenzung der Gilde ab, weil aus
ihrer Sicht ein hinlänglicher Grund nicht bestand.
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Als
Bewertungskriterium diente wahrscheinlich auch die
Einwohnerzahl des Fleckens, die zu dieser Zeit immer
hin schon eine graduelle Steigerung erfahren hatte.
Die erste Volkszählung im Jahre 1811 ergab 1.133
registrierte Einwohner, wozu noch einige Einwohner
in Stellfelde hinzugerechnet wurden.
Verzeichnis der Zünfte und Gilden 1825
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(Der Tätigkeitsbereich der aufgeführten Handwerks
gilden bezog sich auf den Flecken Fallersleben und die
dazugehörigen Amtsdörfer)
1. Rademacher und Stellmacher-Handwerk, 2 Meister
am Ort, 15 Landmeister, keine geschlossene Gilde.
2. Grob-, Klein- und Messerschmiede, 6 Meister am
Ort, 9 Landmeister, keine geschlossene Gilde.
3. Bäcker, 6 Meister am Ort, keine geschlossene Gilde.