stanz geschaffen. Die höchste Reichsgewalt wurde 1512 dem Reichstag zuge-
wiesen, dessen drei Kollegien – Kurfürsten, Fürsten, Reichsstädte – die Vor-
schläge der kaiserlichen Regierung berieten und ihre Beschlüsse als Reichsab-
schiede verkündeten. Die Bildung von 10 Reichskreisen unter Führung von je
zwei Fürsten hatte die Wahrung des Reichsfriedens, Erhebung einer Reichs-
steuer und Aufstellung eines Reichsheeres zum Ziel.
Des Reiches einerseits so fortschrittlich gesonnener Kaiser Maximilian I.
(1493-1519) ging andererseits – nicht zu Unrecht – in die Geschichte unter dem
Beinamen ‘der letzte Ritter’ ein. Er selbst ließ nämlich keine Gelegenheit zur
Fehde aus – quod licet Jovi, non licet bovi
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die Macht des Hauses Habsburg
zu mehren.
Hierzu bediente sich der vielseitig gebildete Schöngeist auf dem Kaiserthron
vorzugsweise einer Heiratspolitik, die an Geschick und Glück nicht ihresglei-
chen fand: Er selbst ehelichte Maria, Tochter Karls des Kühnen von Burgund.
Erbe dieses viel umstrittenen deutsch-französischen Zwitterlandes wurde bei-
der Sohn, Philipp der Schöne. Dem wiederum traute man die Tochter der spa-
nischen Könige Ferdinand von Aragón und Isabella von Kastilien an, bekannt
in der Geschichte als Johanna die Wahnsinnige. Dieser Verbindung entspran-
gen zwei Söhne, die späteren Kaiser Karl V. und Ferdinand I. Durch weitere
Heirats- und Erbverträge, die Maximilian mit Ungarn und Böhmen schloss,
sollte diesen beiden Enkeln schließlich die halbe Welt in den Schoß fallen –
sehr zum Unmut des Königs von Frankreich, Franz I.
Mit dem Franzosen balgte sich Maximilian – in zweiter Ehe mit Bianca Sforza
von Mailand vermählt – um die Hegemonie über Norditalien. Die päpstliche
Diplomatie mochte da nicht teilnahmslos zusehen, was den Heiligen Stuhl zu
wechselnden Bündnissen veranlasste.
Zunächst noch wenig beschäftigte des Kaisers nach Westen und Süden ausge-
richtete Politik die norddeutschen Fürsten. Die Hohenzollern in Brandenburg,
Wettiner in Sachsen und Welfen von der Weser bis zur Elbe bewegten eigene
Probleme. Dynastische Erbteilungen, urbanes Selbstbewusstsein und eine
ständig wachsende Verschuldung beeinträchtigten die Ausübung landes-
herrlicher Gewalt in ihren Herzogtümern.
Besonders darunter zu leiden hatten die Nachfahren von Heinrich dem Löwen
als Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts
gebot ein Zweig des Welfenhauses über den nördlichen Teil um Lüneburg und
Celle, ein anderer über das winzige Fürstentum Grubenhagen am Südrand des
Harzes. Die Landschaften zwischen Weserbergland und Harz, an Oker und
Leine teilten sich die Brüder Heinrich der Ältere von Braunschweig-Wolfen-
büttel und Erich von Calenberg. Der kinderlose Erich suchte sein Glück in der
großen, weiten Welt des Kaisers Maximilian, dem er als treuer Freund und
Feldherr an vielen Fronten diente. Dieweil sah der bodenständigere, reichlich
mit Söhnen gesegnete Heinrich daheim nach dem Rechten. Das war schwierig
genug. Das Hochstift Hildesheim unter seinen Bischöfen war dem fürstlichen
Zugriff entzogen, die freie Reichsstadt Goslar verfügte über die einträglichen
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Einführung