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Zur Geschichte der Firma Büssing
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1903 gründete Heinrich Büssing in Braunschweig eine Firma zur „Fabrikation von Ver-
brennungsmotoren und Kraftwagen“. Sie war die erste Spezialfabrik für Lastkraftwagen
in Deutschland. Zwischen 1905 und 1911 wurde aus diesem Handwerksbetrieb ein
immer rationeller gegliederter Fabrikkomplex zwischen Wolfenbütteler-, Elm-, Salz-
dahlumer- und Riede-Straße. 1913 beschäftigte die Firma 600 Personen.
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Im Ausland
errichteten die Büssing-Werke zahlreiche Vertretungen bzw. Lizenzfirmen, so in Russ-
land, Österreich-Ungarn, den USA, Italien, den Niederlanden und Skandinavien.
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Seit
1908 produzierte sie indirekt Militärgüter. Seit diesem Jahr gab es nämlich die so
genannten Subventionswagen: Die Militärverwaltung zahlte den Käufern von Last-
kraftwagen Prämien, sofern sie sich verpflichteten, die Lkw-Züge während der auf fünf
Jahre bemessenen Lebensdauer für militärische Zwecke im Mobilmachungsfall zur Ver-
fügung zu stellen. Indirekt bedeutete dies eine Förderung der Produktion bei Büssing.
In den Kriegsjahren stellte Büssing seine Produktion vollständig auf Militärbedarf um.
Es wurden zeitweise monatlich mehr als 80 Lkw hergestellt. Hinzu kamen Spezialfahr-
zeuge wie Panzerwagen, Geschützschlepper, Raupenschlepper und Zugmaschinen.
1917 erhielt Büssing Heeresaufträge im Wert von 31 Millionen Reichsmark. Von allen
Braunschweiger Betrieben expandierte Büssing in der Kriegszeit am stärksten.
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1919
ordnete der Braunschweiger Volkskommissar für Inneres und Finanzen, Sepp Oerter,
an, „diejenigen Personen zu ermitteln, deren Vermögen während der Kriegsjahre sich
auffallend vergrößert hat“
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. Aus den Ergebnissen dieser Ermittlung ging hervor, dass
Heinrich Büssings Privatvermögen zwischen 1914 und 1919 von 6.957.000 Reichsmark
auf 14.456.000 Reichsmark anstieg.
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Anfang 1919 beschäftigte Büssing 1.600 Mitarbei-
ter.
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Das Ausbleiben von Bestellungen und das Überangebot an ehemaligen Militär-
fahrzeugen führten aber zu einer Umstellung in der Beschäftigung: Im dritten Quartal
1919 waren noch 577 Mitarbeiter tätig. Dieser Beschäftigungsrückgang hatte noch
einen anderen Grund: Im Sommer 1919 schloss Büssing sein Werk, um die Wiederein-
führung der Akkordarbeit – seit der Novemberrevolution war sie in vielen Betrieben
abgeschafft – durchzusetzen. Ein Streik der alten Büssing-Belegschaft blieb angesichts
der hohen Arbeitslosigkeit erfolglos. Büssing konnte mit neuen Arbeitern sein Werk
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Eine umfangreiche Geschichte der Fa. Büssing wird in: H. Büssing. Mensch-Werk-Erbe, Hrsg. von MAN
München, Göttingen 1986 (weiter: Büssing-MAN) dargestellt. Hier werden diejenigen Aspekte der Firmen-
aktivitäten hervorgehoben, die im Zusammenhang mit der Rüstungsproduktion stehen.
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Liedke, Karl/Rother, Bernd: Von der Zuckerfabrik zum Mikrochip. Braunschweigs Industrie von 1850 bis
heute, Frankfurt am Main 1989 (weiter: Liedke/Rother, Industrie), S. 31.
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Ebd., S. 36.
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Ebd., S. 42.
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Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel (weiter: Nds. StAWf), 12 A Neu Fb.9, Nr.2135.
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Ebd.
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Treue, Wilhelm: Die wirtschaftliche Entwicklung (weiter: Treue, Entwicklung), in: Büssing-MAN, S. 125-193
u. 167.