Horst Janson, Sonntag, 23. Juni 2002,
Kurfürstendamm, Berlin
»Papa, fahr feste!«
Berlin, Kurfürstendamm, an einem warmen und
lauten Sonntagnachmittag. Der Wind bläht die
Tischdecken des Straßencafés auf und strei-
chelt unserem Käfer die vibrierenden Flanken.
Dann kommt er um die Ecke geschlendert, groß,
schlank, in bequemen Blue Jeans und T-Shirt,
den Pullover lässig um die Schultern gelegt.
»Ich hab’ Ihren »Stippvisite«-Käfer gleich
erblickt«, sagt er im Setzen und bestellt
Gugelhupf und Kaffee. Mit seinem breiten
Lachen im wettergegerbten Gesicht sieht er
eigentlich noch immer aus wie der Charakter,
der ihm besonders auf den Leib geschneidert
schien: »Der Bastian«. Horst Janson.
Das Publikum kennt den beliebten Schauspieler
aus Serien wie »Salto Mortale« und »Der
Bastian«, man erlebt ihn aber auch in ernsten
Rollen wie der des U-Boot-Kommandanten in
»Murphy’s War« mit Peter O’Toole und Philippe
Noiret. Unvergessen auch sein Auftritt in
»Steiner – Das eiserne Kreuz II«. Jüngeren
Zuschauern ist er von seinen gemeinsamen Auf-
tritten mit Lilo Pulver in der »Sesamstraße«
bekannt. Seinen lausbübischen Charme hat Horst
Janson auch mit mittlerweile 67 Jahren nicht
verloren, im Gegenteil. Noch immer sitzt einem
da ein Zeitgenosse mit Schalk im Nacken
gegenüber, vielleicht inzwischen etwas
abgeklärter als noch vor 30 Jahren.
»Papa, fahr feste!« feuerte ihn seine kleine
Tochter immer an, wenn er sie auf den
Rücksitz seines Autos hievte. Da hatten sich
zwei gefunden ... Noch heute klemmt sich der
jung gebliebene Janson gern hinters Steuer.
Dass seine erste Fahrt im Käfer nur zehn
Meter lang war, er später immer »VDO« fahren
musste, was das bedeutet und warum Wildsäue
keine Heckbeleuchtung haben – das erfahren
wir jetzt.
? Tag, Herr Janson. Wären Sie im »Bastian« eigentlich lieber Käfer statt
Ente gefahren?
–
(lacht leise)
Also, die Ente war ja damals das typische Studenten-Auto mit
dem Hauch des Extravaganten – das werden sich zumindest die Produzenten vom
»Bastian« gedacht haben. Der Käfer wurde ja zu dieser Zeit, 1973, erst gaanz
langsam zu einem nicht-bürgerlichen Auto. Denn das war der Käfer ja bis dahin
gewesen. Fast jeder deutsche Angestellte fuhr dieses kreuzbrave Ding.
? Entspannter Medizin-Student aus München bezieht eine Junggesellen-Bude
unterm Dach und verliebt sich in eine Ärztin. Tagesablauf: Philosophieren
und Taxi-Fahren, dazwischen einige nichtalltägliche Episoden aus dem Leben.
Mögen Sie diesen Bastian noch?
– Ja, natürlich, das war ja ein liebenswerter Kerl.
? So wie sie?
–
(hebt grinsend die Arme)
Danke, danke! Das Bemerkenswerte ist, dass sich
die Leute heute noch in diesem Maße an die Serie erinnern können. Wir haben
ja nur 13 Folgen à 25 Minuten gedreht. Sie lief in der Erstausstrahlung
1973, danach ist sie sehr oft wiederholt worden, das erste Mal gleich 1974.
Bis zum heutigen Tag hat sie es auf insgesamt 14 Wiederholungen gebracht.
? Heute würde man eine Staffel nach der anderen abdrehen
– Ja, nur damals rechnete man seitens des Senders nicht mit einem so großen
Erfolg der Serie. Das waren ja eigentlich keine spektakulären Geschichten,
die da erzählt wurden. Eher so nette und heitere Storys, kein Mord und
Totschlag.