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Z u r O r t s b e s t i mm u n g v o n B a u u n d B a u s k u l p t u r
Uns muss interessieren, dass Kugler hier gegen Ende der
fünfziger Jahre ein sehr viel präziseres Bild der bauge
schichtlichen Entwicklungen geliefert hat als in seinem
berühmten
Handbuch der Kunstgeschichte
aus dem Jahr
1842 – im Falle Königslutters, indem er auf Beobachtungen
und Beschreibungen zurückgreifen konnte, die sein jünge-
rer Freund und Fachgenosse Wilhelm Lübke im
Deut
schen Kunstblatt
1850/51 publiziert hatte:
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„In den östlichen Theilen der Kirche, dem quadratischen
Chor-Raume, den Nebenchören, den drei Quadraten des
Kreuzschiffes ist das ursprüngliche gurtenlose, rund
bogige Kreuzgewölbe erhalten; die tragenden Glieder
sind aufs reichste und edelste gegliedert, indem Halbsäu
len mit prachtvoll verzierten Kapitälen die Pfeilerecken
ausfüllen, als Träger der Verstärkungen der Scheidbö-
gen und der Kreuzgewölbe. Wäre das hier zu hoher An
muth ausgebildete System durch alle Theile des Baues
consequent beibehalten worden, so wäre diese Kirche
unbedingt das edelste Produkt der romanischen Ar-
chitektur in den ganzen deutschen Landen, und selbst
die besten Monumente des rheinischen Gebietes, obwohl
an Pracht der Ausstattung allen verwandten Anlagen
Deutschlands weit überlegen, dürften sich an harmoni-
scher, einheitlicher Durchbildung mit ihm nicht messen.
Nun aber hört mit dem Beginne des Langhauses plötzlich
jene feine Ausführung auf; das Mittelschiff ist kahl und
einförmig…“.
Urteile namhafter und zeitlich uns bereits näherer Autoren
haben die Standortbestimmung von Königslutter bis in
die Gegenwart prägen können. Das Beispiel der zwischen
den Weltkriegen und auch noch nach 1945 weit verbreite
ten
Geschichte der deutschen Kunst
von Georg Dehio ist
in diesem Zusammenhang aufschlussreich genug:
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„Eine zusammenhängende, wenn auch an Gliedern noch
immer nicht reiche Gruppe von Gewölbebauten sahen
in Sachsen erst die 70ger Jahre
[des 12. Jahrhunderts]
entstehen. Ihr Gründer war ein weltlicher Fürst von hohen
Herrschergaben, Heinrich der Löwe. Zuerst fand er die
von seinem Großvater, Kaiser Lothar, gegründete Klo
sterkirche zu vollenden. Das Langhaus war fertig, flach
gedeckt, einer der stolzesten Bauten dieses Stils. Querhaus
und Chor empfingen jetzt
[siebziger Jahre]
Gewölbe. Es
sind Kreuzgewölbe von gediegener Konstruktion, in
den Diagonalen grätig, aber mit selbständig gemauer-
ten Quer- und Schildgurten, die Raumbildung ebenmäßig
und würdevoll. An der Dekoration dieser östlichen Bau
teile haben Italiener teilgenommen; dass sie auch die
Gewölbe ausgeführt haben, ist möglich, doch nicht aus
gemacht.”
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Erst in dem Kapitel
„Die Baukunst vom Ende des 12. bis
zur Mitte des 13. Jahrhunderts”
liefert Dehio jene Argu
mente, die ihn veranlassten, Königslutter (genauer: seine
gewölbten Ostteile)
spät
zu datieren. Es geht um die
„Ein
führung des Backsteins”
. In einer Anmerkung zu diesem
Fragenkomplex finden wir die in unserem Zusammenhang
entscheidende Aussage:
„Nicht beachtet wurde, was für
mich allein schon entscheidend ist, daß die Anlage
[der
Klosterkirche Segeberg nämlich]
als entwickelter Gewölbe-
bau mit dem Datum 1134 in den allgemeinen Gang der
niedersächsischen Architektur sich nicht einfügen
läßt. Kaiser Lothar, der Gründer von Segeberg, hat seine
zweite, in jeder Hinsicht bedeutendere Stiftung, die Klo
sterkirche Königslutter am Harz
[sic!],
noch als Flach
deckbasilika begonnen; ihre gewölbten Ostteile gehören
in die Zeit um 1170. Die Kirche von Segeberg ist nur als
Neubau aus dem Ende des Jahrhunderts verständlich.”
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Chor, nordöstliche Gewölbe- und Apsisbogen-Kapitelle
Chor, Kapitell der nordwestlichen Winkelsäule