Seite 113 - Kirchenbuch

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L i ebestät i gke i t
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unter obrigkeitlicher Aufsicht verteilt. Weiterhin wurden Bettel-
Abzeichen, also Bettelberechtigungen, vergeben, so dass die Ob-
rigkeit die Chance hatte, ‚Unwürdige’ auszuscheiden und vor al-
lem Fremde am Umlauf zu hindern. Diese sollten in
Übereinstimmung mit den vielfältigen Reichspolizeiordnungen
außer Landes geschafft werden. Motto: Jeder Ort muss seine eige-
nen Armen unterhalten.
Es bestand Handlungsbedarf, und so verwundert es wohl auch
nicht, dass sich Johannes Bugenhagen (1485-1558) in seiner Kir-
chenordnung für die Stadt Braunschweig im Jahre 1528 auch die-
ses Problems annahm.
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Jede Hauptpfarre erhielt einen „gemey-
nen casten der armen“, in den alle bisherigen Spenden und Mittel
der Armenpflege fließen sollten. In jedem Gottesdienst wurden
regelmäßig milde Gaben gesammelt; der dazu dienende Klingel-
beutel wurde unmittelbar nach der Predigt herumgereicht. Dane-
ben wurden noch Hauskollekten für Naturalspenden durchge-
führt und Dankopfer bei Hochzeiten, Kindtaufen und
Begräbnissen sowie an Gedächtnistagen erbeten. Aber „we nicht
gerne gift, den scholen se nicht vele nödigen, dewyte Pauls secht,
dat Got lef heft synen froeliken gever“. Für die Verwaltung des
Kastens wurden drei Diakone bestellt. Die Wahl geschah durch
den Rat der Stadt, die Verordneten der Gemeinde des betreffen-
den Weichbildes und die anderen amtierenden Diakone. Die Dia-
Abb. 3:
Opferstock von 1696
in der Kirche Parsau,
Foto: Jutta Brüdern,
Braunschweig