Seite 160 - Kirchenbuch

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Hans-Jürgen Enge l k i ng und Chr i ste l K i e l
de Judenordnung zur Ablö-
sung des Schutzbriefsystems
war nicht zustande gekom-
men. Die merkantilistische
Wirtschaftspolitik, die Finan-
zierung stehender Heere und
der Luxusbedarf der Fürsten
boten einer Minderheit unter
den Juden seit Anfang des 17.
Jahrhunderts die Chance auf
gesellschaftlichen und wirt-
schaftlichen Aufstieg, sei es im
Warenhandel, im Bank- und
im Manufakturgewerbe oder
als fürstlicher Hoffaktor.
In Braunschweig nutzten Mo-
ses Gumpel (1660–1733), Alex-
ander David (1687–1765) und
Herz Samson (1738–1794)
ihren Einfluss nicht nur zur Re-
form des Judeneides und der
Aufhebung des Leibzolls, sondern auch zur Ansiedlung von Ju-
den und trugen damit zur (Neu‑)Gründung jüdischer Gemeinden
in Wolfenbüttel und Braunschweig bei. Bemerkenswert ist das
Verhältnis der jüdischen Gemeinde zur Kirchengemeinde St. Mar-
tini in Braunschweig. Der Begründer der jüdischen Gemeinde,
Alexander David, vermachte der Kirchengemeinde 1.800 Mark,
der Martinischule 300 Mark, zusammengefasst in der dem Kir-
chenvorstand unterstellten Alexander-David-Stiftung, da die Kir-
chengemeinde St. Martini als einzige den Bemühungen um den
Bau einer Synagoge nicht feindlich gegenübergestanden hatte.
An der von dem herzoglichen Kammeragenten, Rabbiner Israel
Jacobson (1768–1828), in Seesen 1801 gegen den Widerstand der
Bürgerschaft gegründeten Schule für Ackerbau und Handwerk
unterrichteten christliche und jüdische Lehrer 100, darunter 20
christliche Schüler (Stand 1806). 1921 wurde die Jacobson-Schu-
le dem Staat übergeben, 1928 erfolgte die Schließung der 1786 in
Wolfenbüttel gegründeten nach ihrem Stifter Philipp Samson
(1743-1805) Samson-Schule benannten Talmud-Thora-Schule.
Abb. 4:
Alexander David
(1687-1765), Porträt:
Braunschweigisches
Landesmuseum,
Niedersächsische
Landesmuseen
Braunschweig,
Repro: I. Simon