Konfess i one l l es Ze i ta l ter
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KONFESSIONELLES ZE I TALTER
von I nge Mager
1. DIE STADT BRAUNSCHWEIG UND DAS FÜRSTENTUM
BRAUNSCHWEIG-WOLFENBÜTTEL ZU BEGINN DES
17. JAHRHUNDERTS
Sowohl die frühe Reformation in der Stadt Braunschweig als
auch die strenge konfessionelle Orientierung an der Konkor-
dienformel waren mitbegründet in der bewussten Abgrenzung
der nach Unabhängigkeit strebenden Kommune von der Politik
und Kirchenpolitik des Summepiscopus im Fürstentum Braun-
schweig-Wolfenbüttel. Martin Chemnitz hatte die Stadtgeistli-
chen auf das Konkordienbuch und die Konkordienformel ein-
geschworen; im Fürstentum galt weiterhin das Corpus Doctrinae
Julium und nur ergänzend die Konkordienformel „in ihrem
rechten, gesunden“ oder „sächsischen Verstande“. Hinter die-
sem häufig anzutreffenden Zusatz verbirgt sich die von den
Helmstedter Theologen vertre-
tene Deutung der Gegenwart
der Menschheit Christi nur
dort, wo er sich ausdrücklich
zugesagt hat, nämlich im
Abendmahl. Diese so genann-
te Ubivolipräsenz stellte den
Hauptdifferenzpunkt zwischen
einem Großteil der herzog
lichen Pastorenschaft und
dem städtischen geistlichen
Ministerium dar, das mehrheit-
lich der in der Konkordienfor-
mel und in deren Apologie
vertretenen Ubiquitäts- oder
Allgegenwarts-Vorstellung an-
hing.
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Hauptsächlich deshalb
konnte der Helmstedt ver-
pflichtete Dr. Johannes Hei-
denreich (1542-1617) sich als
Nachfolger des Konkordien
Abb. 1:
Superintendent
Polycarp Leyser (1552-
1610), Kupferstich und
Fotonachweis: Landes-
kirchliches Archiv
Wolfenbüttel