Seite 113 - Luftfahrtgeschichte

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BERLINER LUFTFAHRT IN BRAUNSCHWEIG 1952 BIS 1999
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Es ist etwas ganz anderes – wie man es im „Westen“ gewöhnt war – mal
eben an den Himmel zu schauen, um sich dann schnell zu entscheiden, ob
man zum Flugplatz geht und ein oder zwei Starts macht, oder nicht. Von
Berlin aus bedeutete dies zuerst einmal mindestens 250 km bzw. bis zum
Ende der Transitregelung 1989 mindestens 3 Stunden Anfahrzeit mit den
entsprechenden Grenzkontrollen zu absolvieren, um dann allzu oft festzu-
stellen, dass das Wetter westlich der Elbe dann doch nicht so gut war, wie
von Berlin aus erwartet. Daher blieben solche spontanen Aktionen meist
Einzelfälle. Gewöhnlich beschränkten sich die fliegerischen Aktivitäten auf
die Wochenenden und auf die beliebten Fliegerlager in den Ferien. Von be-
sonderem Interesse waren auch spezielle Feiertage, wenn sich durch den Ein-
satz weniger Urlaubstage dennoch ein längerer Aufenthalt in Braunschweig
ermöglichen ließ. Für die Berliner bedeutete „fliegen gehen“ immer einen
Kurzurlaub mit einem Zeitaufwand von ca. 2,5 Tagen, mindestens die Zeit
vom Nachmittag des Freitag bis in die Nacht am Sonntag, da sich der Fahr-
aufwand für einen Tag nicht lohnte.
Die Fahrt selbst war schon ein Abenteuer für sich. Vor Abschluss des Tran-
sitabkommens vom 17. Dezember 1971 dauerte die Abfertigung an der inner-
deutschen Grenze oft sehr lange, mit Wartezeiten und den eigentlichen Kon-
trollen mindestens 1 – 2 Stunden. Dies wurde von der einen Seite als
Schikane, von der anderen Seite als notwendiger, normaler Dienst angesehen
und führte immer wieder zu Ärgernissen. Nach Abschluss des Transitab-
kommens wurde der Verkehr erheblich erleichtert, aber ein unbedachtes
Wort oder eine flapsige Bemerkung konnten weiterhin zu erheblichen War-
tezeiten von mehreren Stunden führen. Es kam aber auch vor, dass eine in-
tensive Kontrolle des PKW und des mitgeführten Gepäcks erfolgte, falls
man sich den „Anweisungen der Grenzorgane der DDR“ widersetzt und da-
durch verdächtig gemacht hatte. Bei solchen Gelegenheiten konnte man nie
gesehene Stellen des eigenen Fahrzeugs in Augenschein nehmen. Man lernte
Scheinwerfer zu demontieren mit Anleitung durch die Mitarbeiter der
„Grenzorgane“ und wieder zu montieren, jedoch ohne Anleitung, sowie
Türverkleidungen abzubauen, Rücksitze zu entfernen, usw.
Die größten Gruppen, die neben vielen Einzelpersonen trotz der beschrie-
benen Hindernisse Braunschweig als Standort für ihre fliegerischen Aktivi-
täten wählten und nutzten, waren der Luftsportclub Berlin West e.V., die
Akaflieg Berlin e.V. und die private Segelfluggruppe Lemm.
Der Luftsportclub Berlin West e.V. (LBW)
Der LBWwurde am 27. Oktober 1950 gegründet. Der Kauf seines ersten Se-
gelflugzeuges vom Typ Mü 13 E wurde 1951 durch Spenden, namentlich von