MICHAEL DÜSING, JÜRGEN SCHULZ UND FRANK STAHLKOPF
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eine Strecke von 220 km zurücklegen. Ihr 7. Aufstieg fand am 9. August 1818
von ihrer Heimatstadt Braunschweig aus statt, die Landung erfolgte in der
Nähe von Lehre.
Später wurde der Braunschweiger Bewohnerschaft, besonders während
verschiedener Messetage, erneut das Schauspiel von Ballonfahrten geboten,
wobei aber keine großen Höhen und Fahrtstrecken erzielt wurden. Am
18. Juli 1858 stieg der englische Berufsluftschiffer Julius W. Noyel mit dem
wasserstoffgefüllten Seidenballon „Samson“ vom „Weißen Ross“ in Braun-
schweig auf und landete zwischen Gliesmarode und Querum.
Aus den Daten der Aufstiege von Wilhelmine Reichard wird deutlich,
dass es sich damals noch um abenteuerliche Fahrten handelte, die mit gro-
ßen Gefahren für Leib und Leben verbunden waren. Auf Grund ungenü-
gender aeronautischer Kenntnisse ereigneten sich auch schwere Unglücks-
fälle, und deshalb schwand das Interesse an diesen Ballonfahrten immer
mehr. Erst als die Luftschifffahrt sicherer wurde und dadurch einen gewal-
tigen Aufschwung nahm, kam dann auch der Freiballon wieder zu verdien-
ten Ehren.
Ballonsport in Braunschweig bis zum Ende des 1. Weltkriegs
Am Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Göttinger Universität
durch das Wirken des Mathematikers Prof. Felix Klein (1849 – 1925) und des
Strömungsphysikers Prof. Ludwig Prandtl (1875 – 1953) zu einem Zentrum
der Luftfahrtwissenschaft in Deutschland, von dem viele Impulse auf diesem
Gebiet ausgingen. Hierzu gehört auch die Gründung des Niedersächsischen
Vereins für Luftschiffahrt (NVL) am 16. Mai 1907 in Göttingen. Ziele wa-
ren die Förderung der Luftfahrt und die Pflege des Freiballonsports. Nach-
dem am 13. März 1908 der Braunschweigische Herzog-Regent Johann Alb
recht zu Mecklenburg-Schwerin (1857 – 1920) das Ehrenpräsidium des NVL
übernommen hatte, schlossen sich am 8. April 1908 viele Braunschweiger zu
einer Ortsgruppe Braunschweig des NVL zusammen. Sie führten anfänglich
Fahrten mit dem Göttinger Ballon „Segler“ aus, für den bis zum Frühjahr
1909 insgesamt 5 Aufstiege vom Braunschweiger Gaswerk an der Tauben-
straße aus belegt sind. Bereits am 30. April 1909 konnte die Ortsgruppe
Braunschweig aber einen eigenen Ballon mit 1660 m
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Fassungsvermögen auf
den Namen „Braunschweig“ taufen, dessen erste Fahrt unter der Führung
von Major v. Abercron stattfand. Nach der Loslösung vom Göttinger Verein
am 6. Mai 1909 wurde dann am 15. Mai 1909 der Braunschweigische Verein
für Luftschiffahrt (BVL) als Zweigverein des Deutschen Luftschiffer-Ver-
bandes (DLV) gegründet. Den Ehrenvorsitz übernahm wiederum der Braun-
schweiger Herzog-Regent.