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Abdallah Zaibi wurde in der tunesischen Stadt Jendouba geboren. Während er noch auf
das Gymnasium ging, kam ein Cousin, der 15 Jahre in Berlin gelebt hatte, 1970 zurück
nach Hause. Er machte Zaibi den Vorschlag, gemeinsam nach Deutschland auszuwan-
dern. Gesagt, getan. Man bewarb sich beim Arbeitsamt und erhielt kurz darauf – nach
einer gesundheitlichen Untersuchung – den „Gastarbeitervertrag“ samt Abreisetermin.
Die Fahrt ging von Tunis mit der Fähre über das Mittelmeer nach Sizilien. Von dort mit
Bus und Zug weiter nach Wolfsburg.
Nach seiner Ankunft in der Volkswagenstadt stellte Zaibi schnell fest, dass er in einer
anderen Welt gelandet war. Ihn faszinierten die schönen Autos und die vielen Lichter
der Stadt. Schon am zweiten Tag wurde er mit anderen Weggefährten in das Volks-
wagenwerk gebracht. Zaibi war überrascht von den vielen Arbeitern, die scheinbar alle
mit Aktenkoffern und Diplomatentaschen unterwegs waren. Alles Ingenieure? Und er
dazwischen? – Erst als all die Mitarbeiter aus ihren Taschen Pausenbrote und Getränke
hervorholten, war Zaibi klar, dass es sich nicht um Ingenieure handelte, sondern um
Kollegen, die so wie er in der Produktion von Volkswagen arbeiteten. In der Zusammen-
arbeit mit ihnen lernte Zaibi allmählich die deutsche Sprache.
So war er von 1970 – 1972 zunächst als Produktionshelfer in Wolfsburg tätig, 1973 zog
er nach Heilbronn und arbeitete für ein Jahr bei Audi
NSU
. In dieser Zeit lernte Zaibi
auch seine deutsche Frau kennen. Die beiden heirateten und er ging noch im selben
Jahr zurück nach Wolfsburg zu Volkswagen.
Dort hatte Abdallah Zaibi bald die Funktion eines Vertrauensmannes inne, zudem wur-
de er wegen seines sozialen Engagements in den Vorstand der Tunesischen Vereinigung
Wolfsburg gewählt. 1978 trat Zaibi der
SPD
bei, für die er zehn Jahre lang unter ande-
rem im Ausländer- und im Sportausschuss politisch aktiv war. Es war vor allem dieses
politische Engagement, das die tunesische Regierung veranlasste, ihn zum General-
sekretär der Tunesier in Wolfsburg zu ernennen.
Das Ehepaar Zaibi hat drei Söhne, die alle bereits berufstätig sind. Zwei von ihnen
arbeiten bei Volkswagen in der Beschaffung sowie in der Forschung und Entwicklung,
der dritte Sohn ist Lehrer für Sport und Politik.
Zaibi ist Fußballtrainer und im Besitz eines Trainerscheins. Das hat ihm die Möglichkeit
gegeben, seine Kinder selbst zu trainieren, um aus ihnen gute Sportler zu machen. Seine
deutsche Ehefrau ist nach Jahren zum Islam konvertiert.
Abdallah Zaibi ist bis heute als Sprecher aktiv in ein Integrationsprojekt in Westhagen
eingebunden. Er ruft alle Migranten dazu auf, an der deutschen Gesellschaft teilzuhaben
und sich selbst in diese einzubringen.