Seite 60 - Schloss_Wolfenbuettel

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Leben am Hof
Die Viten der Brüder von Imhoff bieten exempla-
risches Material, um die Laufbahn und das oft wech-
selvolle Schicksal zweier bedeutender Hofbeamter zu
veranschaulichen. Anton Albrecht von Imhoff (1653-
1717) kam wie viele andere junge Adlige zunächst
als Page an den Wolfenbütteler Hof.
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Im Jahr 1691
übertrug man ihm das Amt des Oberschenken, und
drei Jahre später ernannte der Herzog ihn außerdem
zum Geheimen Kammerrat. 1697 wurde er in den
Stand eines (erblichen) Freiherren erhoben und rück-
te zum Kammerpräsidenten auf. Sein Glück wendete
sich jedoch, als der Streit Herzog Anton Ulrichs mit
seinen Hannoverschen Vettern eskalierte und im Jahr
1702 Truppen aus Hannover Wolfenbüttel besetzten.
Imhoff und der Herzog sahen sich zur Flucht genö-
tigt. Während das Exil für den alten Landesfürsten nur
von ganz kurzer Dauer war, kehrte der ältere Imhoff
nie wieder nach Wolfenbüttel zurück.
Er rettete sich nach Kursachsen, wo er
am Dresdner Hof ab 1704 zunächst
Oberberghauptmann und schließlich
Kammerpräsident unter August „dem
Starken“ wurde. Doch auch hier war
sein Glück nicht von Dauer: Die Frie-
densverhandlungen mit Schweden,
bei denen der Kammerpräsident 1706
die Sächsische Seite vertrat, verlie-
fen nicht so, wie Kurfürst August es
gewünscht hatte. Imhoff wurde bei
seiner Rückkehr nach Dresden fest-
genommen und 1707 zum Tode ver-
urteilt. Man wandelte dann zwar die
Todesstrafe in sieben Jahre Gefängnis
um, doch bereits ein Jahr nach seiner
Entlassung aus der Haft, die er auf der
Feste Königstein verbüßt hatte, ver-
starb Imhoff in Dresden.
Mehr Fortune war Anton Albrechts jüngerem
Bruder Rudolf Christian von Imhoff (1670-1717)
beschieden.
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Auch er begann seine Laufbahn an
Wolfenbüttels Hofstaat als Page, stieg zum Hofmeis-
ter
des später regierenden Herzogs Ludwig Rudolf
auf, bevor er im Jahr 1692 zum Oberhofmeister der
Herzogin berufen wurde. 1697 erhob man auch ihn
zum Reichsfreiherren. Im Jahr 1702, als sein Bruder
nach Sachsen floh, übertrug ihm der Herzog das
Amt eines Geheimen Rates, und nach dreijähriger
Unterbrechung nahm er wieder seine Tätigkeit als
Oberhofmeister auf, eine Position, die er bis zu sei-
nem Lebensende bekleidete. Als Botschafter Herzog
Anton Ulrichs führte er maßgeblich Verhandlungen
mit dem Versailler Königshof in den Jahren 1701 und
1702. In diplomatischer Mission war er nicht weni-
ger als neun Mal am kaiserlichen Hof in Wien, wo er
u.a. die Hochzeit von Herzog Anton Ulrichs Enkelin
Elisabeth Christine (1691-1750) mit König Karl von
Spanien, dem späteren Kaiser Karl VI. (*1685; Kaiser:
1711-1740)
aushandelte. Er betrieb seine Geschäfte
wohl zur Zufriedenheit aller, denn 1708 wurde ihm
eine besondere Auszeichnung zuteil: Man ernannte
ihn zum kaiserlichen Geheimen Rat, und er hatte
das Privileg, am Wiener Kaiserhof den Kammerher-
renschlüssel führen zu dürfen. Im gleichen Jahr gab
er der jungen Königin Elisabeth Christine das Geleit
von Wien nach Barcelona, wo sie ihren frischgeba-
ckenen Gemahl treffen sollte. Rudolf Christian blieb
ab 1711 am Spanischen Hof und eskortierte 1713 die
neue Kaiserin Elisabeth Christine nach Wien zurück.
Auch unter Herzog Anton Ulrichs Nachfolger, Her-
zog August Wilhelm, wurde Imhoff, der übrigens wie
der alte Herzog 1710 zum Katholizismus konvertiert
war, weiter mit diplomatischen Aufträgen betraut, die
ihn u.a. nach London und Paris führten. Er starb 1717
und wurde in der katholischen Kirche St. Nikolai in
Braunschweig beigesetzt.
Auch von Mitgliedern der Familie von der Schu-
lenburg, die am Wolfenbütteler Hof als Staatsbeamte
dienten, sind einige Daten bekannt. Friedrich Achaz
von der Schulenburg (1647-1701) aus der weißen Li-
nie Hehlen begann seine Karriere im Jahr 1675 als
Kammerjunker, und noch im gleichen Jahr beförderte
man ihn zum Gesandten am Kurfürstlich Branden-
burgischen Hof in Berlin. Ab 1677 ging er in gleicher
Position an den Wiener Kaiserhof und kehrte 1679
nach Wolfenbüttel zurück, um sein Amt als Hofrat
anzutreten. 1687 stieg er zum Vizehofrichter auf und
wurde 1690 sogar zum Berghauptmann ernannt.
Nach dem Tod seiner Frau zog er sich aus dem Hof-
dienst ins heimatliche Hehlen zurück.
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Matthias Jo-
hann von der Schulenburg (1661-1747) stammte aus
der weißen Linie Emden.
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Im Jahr 1685 trat auch
er als Kammerjunker in den Kreis des Wolfenbütte-
ler Hofstaates. Er nahm zunächst als Major, dann als
Oberst des Braunschweigischen Dragonerregiments
in den Jahren 1688 bis 1697 an den Kriegen gegen
Frankreich teil. Neben seiner Entsendung zum Frie-
denskongress in Rijkswijk im Jahr 1697 schickte ihn
Herzog Anton Ulrich mit der Mission, gegen die Ver-
leihung der Kurwürde an die Hannoveraner zu inter-
venieren, mehrfach an die wichtigsten europäischen
Höfe. Im Jahr 1702 (als der Herzog mit seiner Verja-
gung aus Wolfenbüttel und dem erzwungenen Ver-
zicht auf die Regierung den bitteren Tiefpunkt seiner
Regentenlaufbahn erlebte) wechselte von der Schu-
lenburg in die Dienste des sächsischen Kurfürsten.
Edelknaben oder Pagen zählten zu den soge-
nannten „Ehrenämtern“. Sie verrichteten leichteren,
in der Regel repräsentativen Dienst bei Hofe, etwa
bei der Aufwartung der fürstlichen Familie an der Ta-
fel. Sie erhielten eine ganz geringe Entlohnung – Kost
und Logis am Hof waren aber für sie frei. Der wesent-
liche Grund dafür, dass adelige Familien ihre Söhne
schon im Alter von fünf oder sechs Jahren in das her-
zogliche Schloss schickten, war jedoch die höfische
Abb. 154
Friedrich Achaz von
der Schulenburg
,
August Friedrich
Fleischmann nach
Tobias Querfurt,
Kupferstich, um 1700;
Herzog August Biblio-
thek, Wolfenbüttel, A
19739