Seite 52 - Topographie_der_Erinnerung

Das ist die SEO-Version von Topographie_der_Erinnerung. Klicken Sie hier, um volle Version zu sehen

« Vorherige Seite Inhalt Nächste Seite »
STADT WOLFSBURG
traf zwar nur Einzelne – in der zweiten Jahreshälfte 1933
wurden im Landkreis Gifhorn jeweils zwischen zwei und
sechs Personen in Schutzhaft gehalten. Gleichwohl zeigte
dies einschüchternde Wirkung: Bei den Reichstags-, Pro-
vinziallandtags-, Kreistags- und Kommunalwahlen im März
1933 erreichte das NSDAP-Ergebnis neue Spitzenwerte.
Die Etablierung der NS-Herrschaft vollzog sich somit
auf der Basis einer breiten Bevölkerungszustimmung. Kon-
tinuität prägte weithin das politische Geschehen. Die meis-
ten Amtsinhaber, etwa der 1930 zum Bürgermeister von
Fallersleben gewählte Otto Wolgast, blieben auch während
des Nationalsozialismus in ihrer Funktion. Sie zeigten sich
in aller Regel anpassungsfähig, indem sie der NSDAP bei-
traten und die Verdrängung der politischen Gegner zu ihrer
Angelegenheit machten. Bürgermeister Wolgast verweiger-
te beispielsweise am 24. März 1933 auf der konstituieren-
den Sitzung der Fallerslebener Stadtvertretung zwei ge-
wählten Repräsentanten der Linken rechtswidrig die Ver-
pflichtung zu Stadtverordneten. Nach dem Ausschluss des
SPD-Abgeordneten Richard Blume war man dort endgültig
politisch unter sich. Dies kam auch in der einstimmigen
Annahme des Antrags, Adolf Hitler, Paul von Hindenburg
und dem aus Fallersleben stammenden Hanns Kerrl das
Ehrenbürgerrecht zu verleihen, zum Ausdruck.
Das seit 1972 im Rahmen der kommunalen Neuord-
nung zur Stadt Wolfsburg gehörende Vorsfelde war 1933
noch Teil des Freistaates Braunschweig. Hier setzten An-
fang 1933 Verhaftungen ein. Sozialdemokraten wurden im
Hinterzimmer des „Deutschen Hauses“ festgesetzt und von
SA-Männern verprügelt. Der örtliche SPD-Vorsitzende
Ludwig Klingemann war von der SS nach Helmstedt ge-
bracht und dort misshandelt worden. Angesichts des von
den NS-Machthabern ausgeübten Drucks gaben die SPD-
Vertreter Ende März 1933 ihre Mandate im Gemeinderat
auf. Am 30. März 1933 löste sich auch der SPD-Ortsverein
auf; die sozialdemokratischen Vereine, wie der „Arbeiter-
Männergesangverein“, der „Männerturnverein von 1897“
oder der „Arbeiter-Kleinkaliber-Schützenverein“, wurden
am 31. März 1933 vom Braunschweigischen Staatsministe-
160