Seite 39 - Voigtlaender+Sohn

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trait-Euryscope seit der Einführung der bisherigen Portraitconstruction
mit getrennten Hinterlinsen vor 40 Jahren die erste characteristische
Verbesserung lichtstarker Portrait-Objective hinsichtlich der oben
erwähnten Punkte sind.“
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Mitte der 1880er Jahre hatte der Stellenwert der Traditionsfirma
Voigtländer & Sohn zweifellos im Bereich der photographisch-opti-
schen Industrie einen neuen Höhepunkt erreicht. Der produktpolitische
Konservativismus und der geradezu innovationsfeindliche Kurs Peter
Wilhelm Friedrich v. Voigtländers aus den frühen 1870er Jahren war
überwunden worden, ohne die positiven Traditionen der Firmenge-
schichte aus den Augen zu verlieren. Das Bestreben, eine differenzierte
Angebotspalette im Bereich der photographischen Optik für alle denk-
baren Bereiche der photographischen Praxis zu bieten, gehörte ebenso
zu den – wenn auch für kurze Zeit vernachlässigten – Prämissen der Fir-
menpolitik wie das Insistieren auf die Aufrechterhaltung eines außerge-
wöhnlich hohen Fertigungsniveaus. Man greift sicherlich nicht zu kurz,
wenn man die große Produktdifferenzierung, das breite Angebot an
Variationen einzelner Artikel und die hohen Qualitätsstandards, die das
Unternehmen an seine Produkte stellte, als ein Erbe der handwerklichen
Tradition begreift.
„Jedes Instrument“
, so eine regelmäßig in den Kata-
logen der Firma wiederholte Maxime,
„wird vor Absendung persönlich
von dem Inhaber der Firma auf das Gewissenhafteste und Strengste
optisch und photographisch geprüft, und werden daher nur in jeder
Hinsicht tadellose Objective abgegeben, wofür wir die volle Garantie
übernehmen.“
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Auch in wirtschaftlicher Hinsicht stand die Firma in dieser Zeit gut
da. Vor allem hatte sich der Reingewinn der Firma zwischen 1878 und
1884 fast verdreifacht und lag regelmäßig weit über dem Minimum des
Betrags, der im Testament Peter Wilhelm Friedrich v. Voigtländers als
der denkbar ungünstigste Fall angenommen worden war.
Bereits kurz nach der Markteinführung des ersten Euryskops hatte eine
rege Nachfrage nach den Modellen dieser Serie eingesetzt, die sich auch
in anderen Zahlen widerspiegelt. Neben den bereits erwähnten Investi-
tionen am Bau der Firma zeigte sich der wirtschaftliche Erfolg auch in
der Steigerung der Arbeiterzahl um 36% von 50 (im Jahr 1883) auf 68
Personen (im Jahr 1886).
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Berücksichtigt man ferner die gedämpfte
Konjunktur der 1880er Jahre und das langsame Wachstum der profes-
sionellen Photographie, die immer noch das wichtigste Marktsegment
war, konnte ein durchschnittlicher Absatz von ca. 700 photographi-
schen Objektiven jährlich zwischen 1878 und 1885 als zufriedenstellen-
des Ergebnis bezeichnet werden. Zumal auch Friedrich v. Voigtländer –
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