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Rezeption ist ambivalent: einerseits ging A.s
Einfluss in die breite kirchliche Frömmigkeits-
und Reformbewegung des 17. Jh. ein, die in den
Pietismus mündet, andererseits wurde er von
kirchenkritischen Spiritualisten rezipiert. Das
spiegelt sich auch in der gegenwärtigen, kontro-
vers geführten Arndt-Forschung wider.
W: Geistreiche Schriften und Werke, hrsg. v. J. J. Ram-
bach, 3 Bde, 1734–1736. – L: ADB 1, S. 548ff.; NDB 1,
S. 360f.; DBE 1, S. 174f.; W. Koepp, Johann Arndt. Eine
Untersuchung über die Mystik im Luthertum, 1912; J.
Wallmann, Der Pietismus, 1990, S. 13-24; M. Brecht,
Das Aufkommen der neuen Frömmigkeitsbewegung
in Deutschland, in: Ders. (Hrsg.), Gesch. des Pietis-
mus, Bd I, 1993, 130–151. – B: Bildnachweise in NDB
1, S. 361; HAB, A 557-575.
W. Sommer
Arnheym,
s. Arnd von Arnheim
Arnisaeus
(auch Arentsehe, Arntsche, Aren-
sche), Henning, Dr. med., Prof.
* 1570/75 Schlanstedt bei Halberstadt † 1636
Kopenhagen (bzw. Hilleröd/Seeland), Arzt,
Philosoph, politischer Schriftsteller, Politiker.
A. studierte Medizin, Geschichte und Politik.
Seine Magisterprüfung legte er 1600 ab. Nach
einer ausgedehnten Reise nach Frankreich und
England wurde er am Helmstedter Juleum zum
Dr. med. promoviert. Zu seinen akademischen
Lehrern zählte der renommierte protestan-
tische Philosoph und Neubegründer der Meta-
physik im deutschen Luthertum, Prof.
Cornel-
ius Martini. 1610 wurde A. zum Prof. der Moral-
philosophie an der Universität in Frankfurt/
Oder ernannt. 1613 kehrte er nach Helmstedt
zurück, wurde zum o. Prof. der Medizin
ernannt, praktizierte nebenbei als Arzt und
lehrte an der Universität Helmstedt Medizin
und Staatswissenschaft. Ab 1620 war A. bis zu
seinem Tode Berater und Leibarzt des dänischen
Königs Christian IV. in Kopenhagen. A. orien-
tierte sich an der philosophischen Lehre des
Aristoteles und verfasste zahlreiche metaphy-
sische Schriften. In seinen politischen Arbeiten
wandte A. sich u.a. gegen die von Johannes Alt-
husius in dessen Hauptwerk »Politica methodice
digesta« (1603) begründete Lehre von der Volks-
souveränität. A.s politisch-historische Schriften
erschienen als gesammelte Werke in zwei Bänden
1633 in Leipzig und 1648 in Straßburg.
W (u.a).: Doctrina politica in genuinam methodum,
quae est Aristotelis, reducta, et ex probatissimis qui-
busque philosophis ..., 1606; De jure majestatis libri
tres ..., 1610; De subiectione et exemtione clericorum ...,
1612. – L: ADB 1, S. 575; DBE 1, S. 182; Ahrens, S. 12f.;
AlbumAc, S. 416f.; M. A. Huesbe Llanos, Henning
Arnisaeus (ca 1575–1636), Untersuchungen zum Ein-
fluß der Schule von Salamanca auf das lutherische
Staatsdenken im 17. Jh., Diss. 1965; H. Dreitzel, Pro-
testantischer Aristotelismus und absoluter Staat. Die
Politica des Henning Arnisaeus (ca 1575–1636), 1970;
M. van Gelderen, Der moderne Staat und seine Alter-
nativen: Althusius, Arnisaeus und Grotius, in: E. Bon-
fatti, G. Duso, M. Scattola (Hrsg.), Politische Begriffe
und historisches Umfeld in der Politica methodice
digesta des Johannes Althusius, 2002, S. 113–132;
M. Scattola, Controversia de vi in principem. Vertrag,
Tyrannis und Widerstand in der Auseinandersetzung
zwischen Johannes Althusius und Henning Arni-
saeus, in: A. De Benedictis, K.-H. Lingens (Hrsg.),
Wissen, Gewissen und Wissenschaft im Widerstands-
recht (16.–18. Jh.) – Sapere, coscienza e scienza nel
diritto di resistenza (XVI–XVIII sec.), 2003.
H.-J. Derda
Arnold von Dorstadt
† 15.02.1189, ostfälischer Adliger, Podestà von
Piacenza, Stiftsgründer.
A. entstammt der edelfreien Familie von
Dorstadt (südlich Wolfenbüttel), die von 1110
bis zu ihrem Aussterben 1484 breit bezeugt ist
und deren Mitglieder – ein Seitenzweig waren
die Grafen von Schladen – durchgängig hohe
kirchliche und weltliche Positionen innehatten.
A. selbst begegnet erstmals 1143 als Lehnsfä-
higer in den Quellen und ist in der Folgezeit vor
allem im Umkreis
Heinrichs des Löwen, der
Hildesheimer Bischöfe und Friedrich Barbaros-
sas nachzuweisen. Verheiratet war er mit Bia,
die einem bisher unbekannten edelfreien
Geschlecht angehörte und mit der er zwei Söhne
und eine Tochter hatte. A. nahm am zweiten Ita-
lienzug Barbarossas (1162-1164) teil und war
von August 1162 bis zum Sommer 1164 kaiser-
licher Podestà in Piacenza; eine Aufgabe, die er
nach den zeitgenössischen Quellen erfolgreich,
aber auch rücksichtslos ausführte. In Italien
erhielt er – nach seiner Bartfarbe – den Beina-
men „Barbavaria“. Nach kurzem Aufenthalt in
Sachsen zog er im Rahmen des vierten Italien-
zuges des Kaisers (1166-1168) erneut nach Ober-
italien, wo er 1167 wegen seiner Verdienste um
das Reich mit der östlich Asti gelegenen Reichs-
burg Annone erblich belehnt wurde. Nach der
endgültigen Rückkehr 1168/1169 ist A. nun