Seite 23 - Der_unendliche_Faden

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Das alte Land Braunschweig ist reich an beeindruckenden
mittelalterlichen Kirchenbauten, wobei der Kaiserdom in
Königslutter und der Braunschweiger Dom St. Blasii sicher­
lich zu den prägenden Zeugnissen der Kirchenarchitektur
sowie der glanzvollen Geschichte des Hochmittelalters
zählen. Eher im Verborgenen findet sich dagegen ein
­weiteres Kleinod der Kunstgeschichte, nämlich das Stift
St. Marienberg. Prägend beim Besuch der Gesamtanlage
ist dabei die romanische Stiftskirche, deren Bau wohl
­unmittelbar nach Gründung des Stifts gegen Ende des 12.
Jahrhunderts begonnen wurde (Abb. 1). Dieser Baubeginn
läßt sich allerdings aus schriftlichen Quellen nicht belegen.
Da jedoch überliefert ist, daß hier bereits 1183 der Stifter
beigesetzt worden war, muß zu diesem Zeitpunkt bereits
ein wichtiger Baufortschritt erreicht worden sein, der eine
solche Bestattung angemessen möglich machte. Über
schriftliche Zeugnisse verfügen wir etwa seit der Mitte des
13. Jahrhunderts, diese betreffen jedoch hauptsächlich die
Stiftsgeschichte und darüber wird im Beitrag von Horst-
Rüdiger Jarck ausführlich berichtet. Ob die für das 13.
Jahrhundert mehrfach belegten Ablassbriefe für St. Marien­
berg unmittelbar im Zusammenhang mit dem Bau der
Stiftskirche und einzelnen Phasen des Baufortschritts stehen,
wird zwar in der Literatur zum Stift mehrfach vermutet
1
,
jedoch kann dies nicht mit Sicherheit belegt werden. Der
heutige Bau der Stiftskirche geht in wesentlichen Teilen
auf den ersten Steinbau aus dem Ende des 12. Jahrhunderts
zurück, der aus Quadern errichtet wurde und in seinen
­wesentlichen Ausdrucksformen regionaler Bautradition der
Zeit folgt. Es handelt sich um eine kreuzförmige, dreischif-
fige und flachgedeckte Pfeilerbasilika mit siebenjochigem
Langhaus, einem leicht ausladenden Querhaus im Osten
und je einer Apsis an den Querhausarmen. In der Breite
des Mittelschiffs schließt sich im Osten der Hauptchor an,
eingeleitet von einem Chorquadrat und polygonal mit drei
Seiten eines Achtecks abgeschlossen. Vermutlich war sie die
letzte flach gedeckte Basilika in Niedersachsen (Abb. 2).
Die Weihe erfolgte 1256 und seit 1263 war sie sowohl
Klosterkirche des um 1176 gegründeten Augustiner-Chor-
frauenstifts als auch Pfarrkirche der Vorstadt Neumark.
Die Wände wurden aus sauber behauenen und geschich-
teten Quadern errichtet, deren Schlichtheit lediglich durch
den Rundbogenfries akzentuiert wird. Der romanische Bau
wurde im Osten mit dem liturgischen Chor in einem ersten
Bauabschnitt begonnen, dem sich die nördliche Lang-
Verborgenes Kleinod der Kunstgeschichte –
die Stiftskirche St. Marienberg und deren Ausstattung
Gerd Biegel
Außenansicht der Kirche
St. Marienberg von Süden
.
Abb. 1
Kircheninnenraum
von Ost nach West
mit Tauf-
becken im Vordergrund und der
Furtwängler&Hammer-Orgel
von ca. 1899 auf der West­
empore.