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Archäologische Forschungen zur Baugeschichte des Schlosses
1520 begonnen, war natürlich auch noch nicht fertig-
gebaut und sie wohnte wieder auf einer Baustelle. Unter
ihrer Führung wurde es 1551 fertiggestellt. Darüber
hinaus war sie nun alleinerziehende Mutter zweier
Töchter und musste ihr Leben selbstständig meistern.
Das Schloss war zwar nicht so mächtig wie das in
Gifhorn, doch konnte es sich sehen lassen. Es handelte
sich um eine nach Süden offene dreiflügelige Anlage,
die von einem imposanten Wassergraben umgeben war.
Heute ist davon nur noch der Westflügel mit dem Trep
penturm zu sehen, allerdings sind noch viele weitere
Bauteile vorhanden, wenn man danach auf die Suche
geht. Doch dazu später mehr. Herzogin Clara stellte
nicht nur das Schloss fertig, sondern brachte für Fallers-
leben in vielerlei Hinsicht einen deutlichen Aufschwung.
Um das Schloss herum entstand ein großer Wirtschafts-
hof mit verschiedenen Ställen und Scheunen, mit
Verwaltungs- und Gefangenengebäuden, mit weiteren
Lager- und Wohnhäusern sowie einem Brauhaus mit
Nebengebäuden. Das Brauwesen ist übrigens nicht nur
räumlich eng mit Clara verbunden – hier sei das nach
ihrer Rezeptur gebraute Kräuterbier zu nennen. Das
Brauhaus stand direkt an der Westecke des südlichen
Wassergrabens. Das heutige alte Brauhaus ist eigent-
lich das neue Brauhaus, das erst 1765 entstand und in
seiner Lage und Grundzügen noch heute erhalten ist.
Die restlichen Gebäude gibt es leider nicht mehr. Um
eine Vorstellung von der Lage der Gebäude zu be-
kommen, geben Pläne aus der Mitte des 18. Jahr-
hunderts, die erst 1990 vom Leiter des Stadtarchivs, Dr.
Klaus-Jörg Siegfried, im Hauptstaatsarchiv in Hannover
entdeckt wurden, einen guten Überblick. Zur Verdeut-
lichung hat der ehemalige Baudenkmalpfleger von
Wolfsburg, Herr Ulrich Hillendahl, hieraus hervor-
ragende Rekonstruktionszeichnungen angefertigt.
Bei dem Fallersleber Schloss handelte es sich um
ein Wasserschloss, dem allerdings mehr ein reprä
sentativer als ein fortifikatorischer Gedanke zugrunde
lag. Wann der Wassergraben verfüllt wurde, wissen
wir leider nicht, aber in den letzten Jahrzehnten des
20. Jahrhunderts erinnerte kaum noch etwas an eine
Wasserschlossanlage. Auch die grundsätzlichen Sanie
rungsarbeiten an der Gebäudesubstanz, die in den 80er
Jahren stattfanden, änderten hieran nichts. Die Außen-
anlagen und besonders der Hofbereich waren beliebig,
ohne erkennbare historische Strukturen sowie durch
Spontanvegetation und organisch entstandene Wege-
führungen geprägt. Für Besucher von Fallersleben war
das Gebäude und das Umfeld nicht als das Schloss
Fallersleben zu erkennen. Aufgrund dieser Tatsache
wurde um die Jahrtausendwende ein Konzept ent-
wickelt, die historischen Strukturen der Schlossanlage
wieder erlebbar zu machen. Ab 2001 wurde begonnen,
dies umzusetzen, und der erste Bauabschnitt mit dem
Hof wurde umgestaltet.
Der Wassergraben
Diese Umgestaltung konnte nur unter archäologischer
Begleitung stattfinden, und die gewonnenen Ergeb-
nisse flossen immer wieder in dieses Konzept ein. Die
Der zuständige Landschaftsarchitekt
Dipl.-Ing. Andreas Schmolke und der
Verfasser (im Vordergrund rechts und
links) erläutern bei einer Führung die
rekonstruierte Hofpflasterung.