Seite 84 - Fallersleben

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Lebendiger Erinnerungsort deutscher Geschichte für unsere Gegenwart
würdigen. 1991 konnte das Museum der Stadt Wolfs­
burg schließlich in die angenehme Atmosphäre des be­
hutsam restaurierten Renaissanceschlosses zurück­
kehren. Nach einer Grundsanierung durch die Stadt
Wolfsburg zeigt Schloss Fallersleben heute wieder
Stuckaturen und Graumalereien des 16. und 17. Jahr­
hunderts. Heute stehen rund 660 qm in jeden Besucher
sofort positiv einnehmenden Räumen sowohl für die
Dauer- und Sonderausstellungen als auch für Konzerte,
Vorträge, Kinderaktionen und Lesungen des Museums
zur Verfügung.
Seit dem 26. August 1991 – der Wiedereröffnungs­
anlass war die 150. Wiederkehr der Dichtung des
Deutschlandliedes – ermöglicht das Hoffmann-von-
Fallersleben-Museum als „Museum zur Geschichte
deutscher Dichtung und Demokratie im 19. Jahr­
hundert“ eine intensive Begegnung mit Hoffmanns
Lebenszeit, der für die deutsche Geschichte bedeut­
samen Epoche zwischen 1798 und 1874. Schon der er­
weiterte Museumsname wies auf den erheblich er­
weiterten Anspruch des Museums hin. Die weiterhin
umfassende Präsentation der Biographie und des
Werkes von Hoffmann von Fallersleben wurde ein­
gebettet in eine Darstellung des literatur- und geistes­
geschichtlichen sowie politisch-historischen Umfeldes
des Dichters und konnte so für ein größeres Publikum
interessant werden. Die neue thematische Breite er­
möglichte auch für den Bereich der Veranstaltungen
und Sonderausstellungen viele Ansatzpunkte, das
Museumsthema vertiefend und für immer neue Inte­
ressentengruppen zu präsentieren. Zudem gelang – vor
allem durch den Beitrag der Gestalterin Daniela
Guntner – eine besonders ideenreiche und unterhalt­
same Präsentation: Didaktische Spiele, Tonträger und
Videos ergänzen Originalexponate und Textinforma­
tionen. So lässt zum Beispiel ein großes Puzzle die
schönsten Kinderlieder Hoffmanns erklingen.
Doch war 1991 das Bild Hoffmanns in der Öffentlich­
keit der Bundesrepublik zumeist noch sehr unvoll­
ständig und nicht selten auch durch Vorurteile geprägt.
Diese zeigten sich in den vielen Pressekommentaren,
die damals zum Deutschlandlied und seinem Verfasser
erschienen. Vielfach tat man sich noch schwer mit
diesem August Heinrich Hoffmann, suchte bewusst,
wenn auch kaum mit Erfolg nach negativen Aspekten
seiner politischen Haltung wie etwa nach Nationalis­
mus oder Franzosenfeindschaft.
Die Stadt Wolfsburg hatte sich jedoch bewusst für
diese besondere Würdigung des in einem ihrer Stadt­
teile geborenen Dichters entschieden. Das 1997 ver­
öffentliche Leitbild der Stadt hält unter den Über­
schriften „Potentiale mit Ausstrahlung“ und „Highlights
und Tourismus“ fest: „Auch die Tradition Wolfsburgs
bietet Beispiele für fortschrittliches Handeln, die nach
außen darzustellen sind – so vor allem den Dichter
Hoffmann von Fallersleben, Repräsentant von Ideen,
die zu geschichtlich wirksamen Kräften wurden.“
1998, im Jahr des 200. Geburtstag des Dichters,
fallen die Porträts Hoffmanns bereits wesentlich
differenzierter aus. Nun erinnert man sich nicht nur
an seine vielen heute noch bekannten und zu Klassikern
gewordenen Kinderlieder, nicht nur an seine großen
literatur- und sprachwissenschaftlichen Leistungen,
sondern vor allem auch an seine Zivilcourage, seinen
vorbehaltlosen Kampf für ein einiges und demo­
kratisches Deutschland und seine große und massen­
hafte Wirkung als zeitkritischer Dichter. Immer öfter
wird das Museum Dreh- und Aufnahmeort für Radio-
und Fernsehsendungen zur „Geschichte der National­
hymne“ oder zu den Kinderliedern. In Bremen nimmt
die Folk-Gruppe „Grenzgänger“ ein ganzes Hoffmann-
Programm mit politischen Liedern auf und tourt damit
zeitweise im Auftrag der Bundeszentrale für politische
Bildung durch die ganze Bundesrepublik. Der Lead­
sänger der Gruppe baut sogar ein großes Internetportal
(www.hoffmann-archiv.de) mit einer Vielzahl von
Informationen, Texten und Werken auf, das bis heute
reges Interesse findet.
Sicher hat auch die Arbeit des Hoffmann-Museums
und der Hoffmann-von Fallersleben-Gesellschaft zu
dieser Aufklärung über das Leben und Wirken des
Dichters beigetragen. So erleben jährlich nicht nur bis
Oben:
Rita Süßmuth trägt sich in das Gästebuch
des Hoffmann-Museums ein.
Mitte:
Der Liederbaum im Hoffmann-Museum
wurde von Daniela Guntner, Illustratorin
vieler Hoffmann-Kinderlieder, entworfen.
Unten:
Methodisch und inhaltlich abwechslungs-
reich schlagen pädagogische Projekte des
Museums Brücken zwischen Vergangen-
heit und dem aktuellen Erleben junger
Museumsbesucher.