Seite 11 - Heilig

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chern fand sich der Hinweis: Weiteres Schicksal ungeklärt. Oft
dachte ich: Wo kann dieser Mann wohl untergetaucht sein? Was
mag er für ein Mensch gewesen sein? Das hat mich ebenso beschäf-
tigt, wie die Bilder der zerstörten Häuser nach den Fliegerangriffen,
die Bilder von weinenden Frauen und verkohlten Leichen.
Warum überhaupt diese persönlichen Erinnerungen? Viele Kinder
jener Kriegs- und Nachkriegszeit schleppen – sofern sie den auf-
wühlenden Ereignissen von Feuer, Tod und Bomben nahe genug
waren – noch immer fürchterliche Erinnerungen mit sich herum.
Es ist eine Last, mit der manche niemals fertig werden. Eine Last,
die Kinderseelen sicherlich bleibend geschädigt hat. Fast jeden Tag
geschah etwas, das allein schon gereicht hätte, es nie verarbeiten zu
können. Dieses Erlebte lastet auf der Seele, fordert die Gedanken
heraus. All dieses fest im Kopf Haftende – auch wenn es nur kurz
aufblitzende Szenen sind – aufschreiben zu können, ist nützlich. Es
hilft, mit diesen Bildern von Naziwillkür und Bomben, von Feuer-
sturm und verbrannten Menschen leben zu können. Und es hilft
ebenso mit, nachfolgenden Generationen Zeitzeugenberichte liefern
zu können.
Sommer 1944: Tod des Schmetterlings
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