Seite 19 - Heilig

Basic HTML-Version

letzten Kriegsjahr das Ziel einer ganze Reihe schwerer und schwers-
ter Bombenangriffe gewesen. In diesen Stunden herrschte stets
Chaos: Aber bei abgewogener Betrachtungsweise ist festzustellen,
dass das „Katastrophen-Management“ in Braunschweig wirkungs-
voller war, als in manchen anderen deutschen Städten. Rettungs-
dienst, Feuerlöscheinsätze, Räumarbeiten, Betreuung, Versorgung
von Obdachlosen und Verletzten wurden zum großen Teil von Bert-
hold Heilig geleitet, und er hat dabei durchaus Organisationstalent
und Durchsetzungsvermögen bewiesen.
Dieses „Sich-Kümmern“ um die Bevölkerung passt durchaus zu
anderen Berichten, wo es nach den „Sprechstunden des Kreislei-
ters“ beispielsweise in der „Braunschweiger Tageszeitung“ hieß:
„Nichts war dem Kreisleiter zu klein und zu unbedeutend, als dass
er nicht verstehenden Herzens Stellung dazu genommen hätte.“
Oder: Heilig „beschönigte nichts und wo es notwendig war, hatte er
auch den Mut, sich für Unpopuläres einzusetzen – oft mit einem
Wort des Scherzes und des erfrischenden Humors, immer zutiefst
menschlich.“ Über einen Krankenhausbesuch bei verletzten Opfern
des Bombenangriffes vom 14./15. Oktober schrieb die „Braun-
schweiger Tageszeitung“: „Und er legte nebenher stets auch einige
Kleinigkeiten aufs Bett.“
(18)
Andererseits sprach er jedoch vom „Untermenschentum, das sich
breit macht“. Diese Gesinnung offenbart sich auch in einem ande-
ren Beispiel. Bei den etwa 120 000 Zwangsarbeitern in braun-
schweigischen Betrieben kam es zu zahlreichen „fremdvölkischen
Geburten“. Diese Säuglinge hatten ohnehin nur geringe Überle-
benschancen, weil die Nahrungsversorgung der Mütter, überwie-
gend Polinnen oder Ukrainerinnen, schlecht war. Die Situation im
Entbindungsheim an der Broitzemer Straße in Braunschweig wurde
jedoch dramatisch, nachdem Kreisleiter Berthold Heilig die Bara-
cken im November 1944 inspiziert hatte. „Was, die sollen hier Eier
Berthold Heilig: jung, fanatisch, radikal
19