Seite 42 - Herzog_Heinrich

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Heinrich fällt ein Stein vom Herzen. Er spricht mit niemandem über die seltsa-
me Einladung, entlässt Bruder Wilhelm nach Mechelen zu dessen Gefährten
am Hof der Statthalterin. Allein in seiner Herberge, schlingt er ein hastiges
Nachtmahl herunter.
Zur festgesetzten Stunde ist er zur Stelle. Ein wortkarger Lakai nimmt ihn in
Empfang, überzeugt sich diskreten Blickes, dass der Besucher keine Waffe bei
sich trägt, führt ihn durch selbst zu dieser Jahreszeit kalte, spärlich erleuchtete
Gänge zu einer unscheinbaren Tür. Auf sein Klopfen ertönt jenseits ein helles,
schnell unterdrücktes Hundegebell. Der Schweigsame nickt bedeutungsvoll,
lässt den Besucher eintreten, verschließt hinter ihm die Tür und bleibt draußen
auf seinem Posten. Heinrich findet sich in einem nicht sehr großen, etwas düs-
teren Wohngemach. An dessen rückwärtiger Wand lodern Scheite in einem
offenen Kamin, spenden Wärme und ein wenig Helligkeit. Von einem der bei-
den die Feuerstelle flankierenden, mit Sitzkissen belegte Bänke hat sich Karl
V. erhoben, im Arm ein winziges, braun-weiß geschecktes Hündchen mit plat-
ter Schnauze und lebhaften Augen, das er liebevoll krault. Als habe er die
Bürde seines Amtes mit dem Überrock abgestreift, wirkt der erst zwanzigjähri-
ge Kaiser in Hemdsärmeln frisch und agil. Gestenreich heißt er seinen nur
zehn Jahre älteren Gast willkommen. Der versteht die Begrüßungsworte
kaum, weiß aber augenblicklich auf des Monarchen ungezwungenen Ton ein-
zugehen.
‘Habt ihr erhalten, was ich euch schickte, Sire – das Fässchen Einbecker Bier?’
erkundigt er sich nach dem Austausch von Höflichkeiten. Gescheiteres fällt
ihm gerade nicht ein.
Der Kaiser schmunzelt, deutet auf ein Anrichte.
‘Seid so gut, uns einzuschenken. Ihr kennt euch damit besser aus!’ glaubt
Heinrich zu verstehen.
‘Vorzüglich!’ lobt Karl V. nach dem ersten Schluck. ‘Dabei lässt sich trefflich
plaudern. Hier sind wir unter uns, ganz ungestört. Ihr habt mir unschätzbare
Dienste geleistet, Herzog Heinrich, ohne dafür zuvor eine Menge Geld einzu-
streichen, wie die anderen deutschen Fürsten. Ich habe beschlossen, euch mein
Vertrauen zu schenken. Vergebt mir, wenn ich augenblicklich eine Frage stelle,
die mir gerade auf der Seele liegt: Was haltet ihr von jenem entlaufenen
Mönch, dem Martin Luther?’
Heinrich hat Mühe, den undeutlich an sein Ohr dringenden Worten zu folgen.
Von dem Genannten hat er schon gehört, wenn auch nur beiläufig.
‘Sire – –‘ stottert er entgeistert, ‘ich weiß nicht – –‘
‘So ist dieses Pfaffen aufsässiges Geschwätz weder in aller Mund, noch bringt
es die Volksseele zum Sieden – Land auf, Land ab im Deutschen Reich, wie
man mir ständig einzureden trachtet? Ihr müsstet es doch wissen, das Kur-
fürstentum Sachsen ganz in eurer Nähe!’
Auf vieles ist Heinrich vorbereitet – auf dies am wenigsten.
‘Gewiss hat man mir zugetragen,’ erinnert er sich, ‘dass ein Mann dieses
Namens zu Wittenberg wider den Ablasshandel wettert und Lästerliches
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Erfolge mit Hilfe des Kaisers