Seite 57 - Herzog_Heinrich

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Ehe der Herzog mit dieser Streitmacht und ansehnlicher Dienerschaft nach
Süden aufbricht, kehrt er rasch noch einmal nach Wolfenbüttel zurück. In der
Kanzlei liegt die Anerkennung seines Erstgeburtsrechtes auf Alleinherrschaft
vor. Wilhelm hat gegen die Einkünfte aus dem Amt Greene und 1.500 Gulden
Jahrgeld die Urkunde unterschrieben! Conrad König drängt Heinrich, sie
schleunigst gegenzuzeichnen. Doch der hat Bedenken. Hält er mit seinem
Namenszug zurück, wäre er selbst nach glücklicher Heimkehr ungebunden.
Die Primogenitur im Fürstentum bedarf ohnedies des Kaisers ausdrückliche
Bewilligung. Gegen den Rat seines Kanzlers beschließt Heinrich, den Vertrag
nicht zu vollziehen.
Vorsichtshalber packt er noch rasch einen Teil seines Silbergeschirrs ein, das
notfalls unterwegs eingeschmolzen werden könnte, und galoppiert zurück
nach Bockenem. Der Zug setzt sich in Bewegung, durchquert unbeschadet
deutsche Landschaften. Angesichts der Alpen beginnen die Schwierigkeiten.
Wie kann man zur Winterszeit Leute aus dem Norden mit ihrem schweren
Geschütz auf schnellstem Wege über verschneite Pässe schaffen? In Füssen
angelangt, wartet der ernannte Oberste Feldhauptmann über Ostern auf zuge-
sagte Hilfsgelder. Die mit leeren Händen aus Innsbruck erschienenen Herren
des Reichsregiments machen ihm weis, der Kaiser selbst wäre mit reichlich
bestückter Schatztruhe auf dem Weg nach Italien. Ihn beizeiten in Mailand zu
treffen, um von dort gemeinsam der französischen Streitmacht entgegenzutre-
ten, empfehlen sie Heinrich den Weg über die Brennerroute. Zu diesem Zeit-
punkt sollte er längst am Sammelplatz seiner Armee jenseits der Alpen in
Trient sein. Immerhin bezwingt er das Gebirge in nur 14 Tagen ohne der gran-
diosen Bergwelt die geringste Beachtung zu schenken. Bevor er Anfang Mai
eine Brücke über die Etsch schlagen lässt, mit 869 Reitern und 12.000 Fuß-
knechten auf venezianisches Gebiet übersetzt, fertigt er eine Verwahrung an
den Dogen ab; bezichtigt die Vögte der Signoria der Aufwiegelung von Berg-
bewohnern, ihm am Brennerpass Hinterhalte zu legen.
Da die Disziplin des Heeres mangels Soldzahlung bereits zu wünschen übrig
lässt, billigt er zum Ausgleich die Erstürmung einiger fester Plätze nahe dem
Gardasee, macht sich an die Eroberung von Brescia und Bergamo.
Weder erscheint der Kaiser in Italien, noch fließen die zugesagten 100.000
Dukaten. Daran ändert auch eine über diese Gelder geführte, rege Korrespon-
denz zwischen Karl in Spanien, dessen Tante Margarete in den Niederlanden
und dem mal zu Prag, mal in Linz residierenden Ferdinand wenig.
Wo nichts ist, hat der Kaiser sein Recht verloren, sagt der Volksmund. So den-
ken auch die Landsknechte und weigern sich, ohne Soldzahlung weiter zu
marschieren – zumal der gegnerische Herzog von Urbino seine Garnisonen
verstärkt, den geruhsamen Plünderungen umliegender Orte und der Einnah-
me durch die Deutschen ein Ende setzt.
Schließlich gelingt es den Habsburger Geschwistern doch noch, die für die
Fortführung von Heinrichs italienischem Feldzug gegen die französischen
Eindringlinge einen Teil der benötigten Geldmittel aufzutreiben. Aus Angst,
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