Seite 80 - Herzog_Heinrich

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wertvoller Geschenke zur Ausstattung der wieder erstandenen herzoglichen
Residenz. Aus Brüssel waren in Wolfenbüttel kostbare Keramiken, Leuchter,
Silbersachen und erlesene flämische Wandbehänge eingetroffen. Nun zieht er
vor, sich in einem artigen Handschreiben zu bedanken – um Seine Kaiserlichen
Majestät nicht über Gebühr in Anspruch zu nehmen!
Dagegen macht er König Ferdinand seine Aufwartung, der sich Zeit für ihn
lässt und bester Dinge scheint. Heinrich schützt dringliche Angelegenheiten
vor, die ihn zur Heimreise zwängen. Er beabsichtige seinen Sohn Philipp Mag-
nus als Stellvertreter hier zu lassen.
‘Ein prächtiger Bub ist der – Euer Liebden kann stolz auf ihn sein,’ lobt Ferdi-
nand und verspricht, ein gefälliges Auge auf den guten Jungen zu haben.
Heinrich erteilt seinem Schwiegersohn Hans von Küstrin Vollmacht in seinen
geldlichen Angelegenheiten. Ihm werde die Zeit zu lang auf dem teuren Augs-
burger Pflaster. Im Übrigen sei er entschlossen, sich aus allem herauszuhalten
und lieber in Wolfenbüttel nach dem Rechten zu sehen.
Philipp Magnus ist darüber nicht gram. Zu sehr gefällt ihm die Aussicht, mal
wieder eine Weile ohne den gestrengen Vater den Duft der großen Welt zu
schnuppern.
In Gandersheim wartet auf den Herzog eine Menge Arbeit – wie üblich unan-
genehmer Natur. Die Stadt Braunschweig bockt weiter, liebäugelt lebhaft mit
jenen missmutigen Landjunkern, die sich gebeutelt fühlen. Fast hat es den
Anschein, als wollten sie bei der ersten sich bietenden Gelegenheit gegen ihren
Landesherrn rebellieren. Das ist für ihn noch lange kein Grund, ihnen nachgie-
big die Hand zu bieten.
Mit Philipp Magnus und Hans von Küstrin steht er in regem Kontakt. Nicht
einem einzelnen Boten, sondern gleich einer Schar Bewaffneter vertraut er
seine Briefe nach Augsburg an – zur Sicherheit vor Wegelagerern. Auf gleiche
Weise bleiben die Antworten fremdem Zugriff vorenthalten.
Der Markgraf berichtet, dem Kaiser ging es einzig und allein um die völlige
Wiederherstellung der konfessionellen Einheit auf dem Boden der alten Kir-
che. Er habe den Moritz dafür als sein Werkzeug ausersehen, täusche sich aber
wohl ihm. Der sächsische Kurfürst verfolge weiter sein Ziel, Religion und Poli-
tik zu trennen, zumal seine Räte das – nach Trient zurückverlegte, jedoch als-
bald vertagte – Konzil weiterhin vehement ablehnten. Auf Christmette
schreibt er, der geharnischte Reichstag – wie er im Volkmund genannte würde
– sei zu Ende gegangen. Der Kaiser habe die Idee des Reichsbundes nicht
mehr aufgegriffen, wohl aber das Interim verkündet – bis zur Schlichtung des
Religionsstreites durch ein neues Konzil.
Ein Interim? Recht gut, denkt Heinrich, und die Lutherischen haben es aner-
kannt! Natürlich – er kennt ja seinen Kaiser – trifft es nur diese. Gute Katholi-
ken werden ihren Glauben nicht um das Tüpfelchen auf dem ‘i’ abändern!
Was hat der Hans sonst noch zu vermelden? Ach ja – Magdeburg, des Herr-
gotts Kanzlei – wie die Protestanten ihren letzten festen Platz zu nennen belie-
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Vom Augsburger Interim bis zur Schlacht von Sievershausen