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Die Schlacht von Sievershausen – und ihre
unmittelbaren Folgen – Juli bis Oktober 1553
Sonntags um die Mittagszeit stehen die Heere der zum Letzten entschlosse-
nen, hoffnungslos verfeindeten Fürsten auf einem von Sümpfen und Wäldern
begrenzten Gelände in Schlachtordnung einander gegenüber. Das nahe gelege-
ne Dorf Sievershausen ist ihnen nicht im Wege. Die tief gezogenen Rieddächer
seiner Hofstätten und Katen sind kaum wahrnehmbar. Eine mannshohe, dich-
te Dornenhecke schützt die Bewohner vor wilden Tieren, Gesindel und
Kampfgeschehen.
Die Späher des Kurfürsten Moritz von Sachsen finden bestätigt, was Herzog
Heinrich am Vortag gemeldet worden ist – Albrecht Alcibiades hat in der
Gegend von Hannover mit 50 Fähnlein Fußvolk, 18 Geschwadern Berittener,
viel Tross und Vieh, die Leine überschritten, sich nach Osten gewandt und
seine Hauptmacht bei Burgdorf in Stellung gebracht. Den Kundschaftern sind
drei Geschwader Reiter unter ihrer Fahne mit dem roten Burgunderkreuz auf-
gefallen. Niederländer? Hat der Kaiser etwa doch dem Kulmbacher Hilfe
zukommen lassen? Moritz mag es nicht ausschließen, hätte doch Karl V.
durchaus noch ein Hähnchen mit ihm zu rupfen!
Oft genug hat der Kurfürst mit seinen Verbündeten nachgerechnet – gemein-
sam verfügen sie über weniger Fußvolk, insgesamt dreißig Fähnlein, jedoch
mehr Reiterei, dreiundzwanzig Geschwader! Sie können den 6.000 feindlichen
Reitern also 7.500 entgegenstellen. Das ist Moritz wichtiger als die geringere
Anzahl Fußsöldner – seine 8.000 Mann gegen 12.000 auf der Gegenseite. Die-
sen Landsknechten in ihren auffällig bunt gescheckten, bauschigen, bis zu den
Pluderhosen herab vielfach geschlitzten Kleidern, geht es um nichts als ihren
Sold. Sie treten in dichten Haufen an, bewehrt mit langen Spießen, die
Kräftigsten unter ihnen mit beidarmig zu schwingenden, riesigen Schwertern
– Spießgesellen und Biderhänder. An ihrer Seite und immer häufiger an Zahl,
zünden Hakenschützen aus sicherer Entfernung unhandliche Arkebusen
.
Auf
250 Schritte sollen die Bleigeschosse Tod und Verderben unter das gegnerische
Kriegsvolk tragen, treffen aber auch manchmal die eigenen Leute. Diese
Gefahr und das zeitaufwendige Nachladen der Handfeuerwaffen erfordert
viel taktisches Geschick beim Einsatz der Schützen.
Das ganze, abschätzig als Hudelmannsgesindel verschriene Fußvolk schreckt
Moritz wenig. Viel wichtiger ist ihm die Reiterei. Da ist die eigene nicht nur an
Zahl überlegen. Auch die Kampfkraft jedes einzelnen seiner Berittenen schätzt
er höher ein als die der Gegner. In seiner Streitmacht ist fast jedes sächsische
Adelsgeschlecht vertreten. Die Junker leisten Heerfolge aus Pflichtgefühl
gegenüber ihrem Lehnsherrn, um Ruhm und Ehre, nicht für schnöden Mam-