mon – wenngleich es ihnen nicht zuletzt auch um Geld aus Ämtern und Län-
dereien geht. An ihrer Spitze stehen dem vierunddreißigjährigen Kurfürsten
vier Herzöge zur Seite – der trotz seiner vierundsechzig Jahre unverwüstliche
Heinrich, dessen Söhne im besten Mannesalter, Karl Viktor, 32, Philipp Mag-
nus, 31, und schließlich der blutjunge Herzog Friedrich von Lüneburg, des
Kurfürsten Page. Als Fahnenjunker trägt er stolz die Standarte der kurfürst-
lichen Leibwache.
Des Kulmbachers Gefolgschaft ist weniger glänzend, zumal in Abwesenheit
von Herzog Erich. Seine übrigen Anhänger fürstlichen Standes – namentlich
die Brandenburger Verwandten Kurfürst Joachim II., Herzog Albrecht von
Preußen, Markgraf Hans von Küstrin – haben sich darauf beschränkt, aus
sicherer Entfernung Ratschläge zu erteilen. Nur einer aus der weit verzweig-
ten Sippe, Herzog Albrecht von Mecklenburg, hält sich in der Nähe auf. Noch
immer versucht er nach bewährtem Vorbild der blutigen Schlacht durch gutes
Zureden einen Riegel vorzuschieben. Diesmal stößt er auf taube Ohren.
Albrecht Alcibiades will keinen Verhandlungsfrieden, setzt ganz auf nicht so
illustre, dafür im Kriegshandwerk geschulte und bestens bewanderte Haude-
gen. Um seine Fahne scharen sich auch etliche mit ihrem Landesherrn zerstrit-
tene braunschweigische Junker, der nach Rache dürstende Klaus Barner sogar
als Feldmarschall.
Ist den Fürsten und Edelleute auf beiden Seiten klar, was ihnen bevorsteht?
Wohl kaum! Bisher nämlich pflegten einander mit starker Macht entgegenge-
tretene Heerführer dem Wagnis der großen Schlacht aus dem Wege zu gehen.
Entweder hatte eine Kriegspartei ihr Potential an Reisigen und wertvollem
Geschütz nach einigen Scharmützeln zurückgezogen, wie die Franzosen 1544
in Flandern, oder der mutmaßlich Unterlegene auf andere Weise verhindert,
Hab und Gut aufs Spiel zu setzen – nicht zuletzt die eigene fürstliche Stellung.
War es dennoch zur offenen Feldschlacht gekommen, hatten Anführer von
Rang und Adel den Zweikampf mit Streithammer und Schwert unter ihres-
gleichen gesucht; in schimmernder Wehr nach ritterlichen Regeln gefochten;
der Besiegte sich seinem Bezwinger ergeben. War er doch ehrenvoller Gefan-
genschaft sicher, konnte in aller Ruhe über das Lösegeld verhandeln, die Zeche
begleichen und wieder frei kommen. Ebenso wenig war der gemeine Mann
darauf aus, zu töten oder getötet zu werden – wenn es sich denn vermeiden
ließ. Unbefriedigte Aggressionen konnte man hernach am Landvolk des unter-
legenen Fürsten gefahrloser austoben.
An diesem 9. Juli 1553 soll alles ganz anders kommen. Der edlen Feldherren
aufgestauter Hass verdrängt Vorsicht und Vernunft – schon gar die vornehme
Gesinnung, mit der man beiderseits so ausgiebig geprahlt hatte. Einer wie der
andere vertraut auf sein Glück und Gottes Beistand.
Seine Schlachtordnung in aller Eile errichtet, hält Albrecht Alcibiades um die
Mittagsstunde eine Anhöhe in Sichtweite des Dorfes Sievershausen besetzt.
Von hier aus beginnt er gegen 4 Uhr nachmittags den Angriff, wirft sieben
Schwadronen zu Pferde und ein Regiment Fußknechte auf die gegnerischen
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Die Schlacht von Sievershausen – und ihre unmittelbaren Folgen