Geblüt sind zu beklagen. Der Wolfenbütteler Großvogt Balthasar von Stechow
ist gefallen, ebenso Heinrich Theuerdank. Der herzogliche Bastard
–
wie ihn
nun niemand mehr nennt – focht an der Seite seines Halbbruders Karl Viktor.
Als dieser stützte, sprang er neben ihm von seinem Pferd, versuchte ihn mit
seinem Leib zu schützen. Im gleichen Augenblick traf auch ihn die tödliche
Waffe eines Feindes. Herzog Heinrich hat drei Söhne verloren. Noch auf dem
Schlachtfeld sind sie ihren Verletzungen erlegen.
Auf der Gegenseite haben die meisten der braunschweigischen Kriegsjunker
das Leben gelassen, Christoph von Warberg, Hans von Oldershausen, Bart-
hold und Hans von Mandelsloh. Die Gesamtzahl an Gefallenen wird auf 5.000
bis 7.000 geschätzt. Die Verbündeten allein haben 3.088 Streiter verloren.
Der schwer verletzte Kurfürst Moritz wird noch in der Nacht nach Wolfenbüt-
tel gebracht. Während man um sein Leben bangt, schreibt er von dort noch
eigenhändig an seinen Bruder August vom errungenen Sieg. Allein zwei Tage
später gibt der
Judas von Meißen
unter fürchterlichen Schmerzen den Geist auf.
Mit dem Leichnam ihres Fürsten kehren seine Gefolgsleute am 12. September
zurück nach Sachsen.
Über Albrecht Alcibiades wird gemunkelt, er wäre mit wenigen Pferden ent-
kommen, am Bach Fuhse bei einem Müller untergeschlüpft und mit dessen
Hilfe nach Braunschweig gelangt. Inzwischen steht außer Zweifel, dass er von
dort nach Hannover geflohen ist und dort Quartier bezogen hat. Ebenfalls in
Hannover weilt noch immer Herzog Albrecht von Mecklenburg, der jetzt alles
daran setzt, den Markgrafen zum Einlenken zu bewegen. Doch der denkt
ebenso wenig an Frieden, wie sein Gegenspieler. Herzog Heinrich bemüht sich
fieberhaft, seine Streitkräfte mit den verbliebenen des toten Kurfürsten von
Sachsen zusammenzuhalten. Wie ihm nach Peine gemeldet wird, hat der ent-
kommene Feind inzwischen seinen Kammerwagen mit der Kriegskasse, 18.000
Taler, in sicheren Gewahrsam gebracht – drei Meilen nördlich von Hannover,
in einem Herzog Erich gehörenden Schloss. Von dort schlägt er in nicht gerade
verbindlichem Ton einen Gefangenenaustausch vor.
Wir, Albrecht von Kulmbach, etc., etc., an euch, Heinrich Herzog zu Braunschweig,
nunmals Oberster über die treulosen Pfaffenbundsverwandter Feldherr zu wissen,
beginnt sein Brief, den ein Herold überbringt. Natürlich geht es ihm lediglich
darum, die ihm verbliebene Streitmacht von 2.000 Reitern und 32 Fähnlein
Fußknechten aufzufrischen.
Nach Schweinfurt schreibt der Markgraf,
den alten Heinze wollen wir auch helfen
totzuschlagen. Ich lebe noch und länger, so Gott will, als allen Pfaffen lieb ist. Ihr Mes-
sias, Herzog Moritz, ist aufgeflogen. Wäre er in seinem schönen Haus zu Dresden
geblieben, so wäre ihm nichts geschehen.
Es dauert nicht lange, da befehligt er zu Heinrichs Missvergnügen schon wie-
der 4.000 Reiter und 13.000 Fußknechte. Schlimmer noch – Herzog Erich ist
zurück! Die Stadt Braunschweig erwägt, ihm zu huldigen, spendet erst einmal
eine Menge Geld. Man hofft auf eine Meuterei im Lager des Herzogs von Wol-
fenbüttel und spricht sich Mut zu.
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Die Schlacht von Sievershausen – und ihre unmittelbaren Folgen