Tod das Amt des Großkanzlers inne und großen Einfluss auf den hinfälligen
Kaiser. Dass seine Machenschaften einen Habsburger Familienzwist mit ver-
heerenden Folgen auslösen könnten, bekümmert nicht nur die deutschen Fürs-
ten, sondern selbst König Ferdinand. Dessen Söhne Maximilian und Ferdi-
nand sind herangewachsen und haben ihre eigene Meinung. Maximilian
drückt sie in einem Brief an seinen Schwager Albrecht von Bayern aus:
Gott
gebe, dass Seine Majestät sich einmal tapfer gegen kayserliche Majestät zeige und
nicht so kleinmütig wie bisher. Mich wundert nur, dass Seine Majestät so blind ist
und nicht merken will, wie untreulich und unbrüderlich die kayserliche Majestät mit
ihm umgeht.
Ganz so blind scheint König Ferdinand denn doch nicht zu sein – er tritt dem
Heidelberger Bund von Reichsständen beider Bekenntnisse bei, die der
Wunsch nach dauerhaftem Frieden durch Aussöhnung ebenso vereint, wie die
Furcht vor spanischer Hegemonie
.
Ganz in ihrem Sinn gelangen Anfang 1554
die sächsischen Wettiner zu einem friedlichen Ausgleich. Johann Friedrich gibt
sich mit einigen kleinen Fürstentümern in Thüringen zufrieden. Kurfürst
August behauptet den Großteil des Zugewinns. Das mit vielen fürstlichen
Familien versippte Haus Brandenburg steht anderen an Friedensliebe nicht
nach, ist des Kulmbacher Vetters Abenteuer gehörig leid. Soll der nun sein
Unwesen im Namen Frankreichs treiben dürfen, erneut Tod und Verderben
nach Deutschland tragen? Davor bewahre Gott die deutschen Reichsfürsten!
Ihnen ist der französische König als Kriegstreiber ebenso verhasst, wie der
Gedanke, sich den spanischen Thronfolger gewaltsam vom Leibe halten zu
müssen.
Heinrich kommt die allgemeine Kriegsmüdigkeit im Reich gelegen. Endlich
aller Feinde und damit der Sorge um den Bestand seiner Herrschaft ledig,
kann er sich ausschließlich um eigene Angelegenheiten kümmern. Das ist ihm
wichtig genug, denn in jüngster Zeit macht sich sein Alter bemerkbar. Er mag
nicht mehr lange Strecken im Sattel zurücklegen. Selbst die Jagd bereitet ihm
nur noch wenige Stunden am Tag Vergnügen. Zwar bestätigt ihm der Doktor
Römer eine noch immer blendende Gesundheit, doch schmerzen ihn die Glie-
der, wenn er sich in der Frühe von seinem Lager erhebt. Am Abend über-
kommt ihn Müdigkeit. Nur noch selten ist er zum späten Tafeln aufgelegt. Am
besten aufgehoben fühlt er sich auf der Liebenburg bei seiner Eva. Doch die
tägliche Arbeit in der Kanzlei treibt ihn um. Landesherrliche Pflichten warten
darauf, wahrgenommen zu werden – auch ohne Kanzler. Nichts liegt dem
Herzog mehr am Herzen, als die Fortsetzung seiner Politik über den eigenen
Tod hinaus sicherzustellen. Solange seine beiden ältesten Söhne am Leben
waren, hatte er sich darüber wenig Gedanken gemacht. Der besonnene Karl
Viktor hatte das Zeug zu einem kraftvollen Herrscher. Philipp Magnus, Drauf-
gänger und Liebling der Frauen, hätte seinen eigenen Weg gefunden, aber
dem Bruder zur Verfügung gestanden, wenn er gebraucht würde. Eine Teilung
des Herzogtums war ausgeschlossen, beiden auch unerwünscht. Ihr sinnloser
Tod auf dem Schlachtfeld von Sievershausen hatte diese vorbestimmte, einfa-
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Der Weg zum Augsburger Religionsfrieden