die Gunst des Greises oder des Nachfolgers. Geht es ihm auch nur darum, sich
durch unbeirrt neutrale Haltung die Bestätigung in seinem Amt offen zu hal-
ten, wenn Julius – was immer absehbarer wird – an die Regierung gelangt.
Der Wolfenbütteler Gemengelage entrückt, kostet der Erbprinz seine Freiheit
weidlich aus. Die markgräflichen und kurfürstlichen Brüder von Brandenburg
unterhalten engste Beziehungen. Sie pflegen gemeinschaftliche Geselligkeiten,
an denen Julius Teil hat. In Berlin macht er Hedwig, Tochter des Kurfürsten
Joachim II. und Katharina – der älteren Schwester seiner Stiefmutter Sophie –
erfolgreich den Hof. Man spricht sogar von Liebe auf den ersten Blick. Eine
Stärkung der verwandtschaftlichen Bande zwischen Hohenzollern und Welfen
kommt den beteiligten Fürstenhäusern gelegen. Noch 1558 feiern Julius und
Hedwig Verlobung.
Vom Vater auch jetzt noch kurz gehalten, befindet sich der angehende Bräuti-
gam in arger Geldverlegenheit – obschon sein Vetter Christoph ihm mittler-
weile an die 20.000 Gulden zugesteckt hat, was dem finanziell von seinen
Landständen abhängigen Württemberger auch nicht gerade leicht fällt. Aber
schließlich ist ja das einst zwischen den Vätern umstrittene Brautgeld für seine
Tante Maria nie geflossen.
Schwager und Schwester gewähren Julius in Küstrin bereitwillig Gastfreund-
schaft, doch in Geldangelegenheiten ist auch mit dem Markgrafen nicht zu
spaßen. Er verweigert seinem Kostgänger die erbetene Anleihe von 1.000 Gul-
den. Dieser versucht sein Glück beim Erzbischof Sigismund von Magdeburg,
bittet den zukünftigen Schwiegervater Kurfürst Joachim, ihm 3.000 Gulden bis
zum eigenen Regierungsantritt vorzustrecken. Zu seiner Beschämung handelt
er sich nur Absagen ein.
Der Prinz liebt es indes, auf großem Fuß zu leben. Er legt sich kostspielige eng-
lische Hunde für die Wildschweinhatz zu, spart nicht an standesgemäßem
Auftreten. Dies – wie auch seine ständige Bettelei bei Fürsten, Räten und Rei-
chen – kommt natürlich dem Vater zu Ohren. Bei Stiftern und Klöstern seines
Fürstentums hat der abtrünnige Sohn Anleihen aufgenommen? Sogar in Sankt
Blasien zu Braunschweig? Der Nichtsnutz lässt solche heimlichen Geldtrans-
aktionen dort durch Johann Hamstedt abwickeln, den Heinrich 1546 wegen
Pflichtvergessenheit aus seinem Dienst entlassen hatte?
Der dies dem siechen Herzog genüsslich unterbreite, ist natürlich Wolf Hase.
Er hat es von Georg Gossel erfahren, dem Sohn des alten Kanzlers, Seelsorgers
und Beraters. Zorn entbrannt befiehlt Heinrich, bei allerhöchster Ungnade sei-
nem Sohn kein Geld mehr zu leihen. Einmal mehr verwünscht er ihn mit hefti-
gen Worten.
Auf Anraten der Herzogin Sophie schreibt der herzogliche Zeugmeister Cord
Mente an Julius. Er beschwört ihn, das Herz des Vaters durch einen Besuch in
Wolfenbüttel zu erweichen. Seine günstig aufgenommene Verlobung mit der
Tochter des Brandenburger Kurfürsten stimmte den alten Herrn milde, wie
auch der Umstand, dass sich viele befreundete Fürsten bei ihm um den Sohn
verwandt hätten.
365
1558 bis 1568