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L o t h a r I I I . – A u f d e n S p u r e n e i n e s v e r g e s s e n e n K a i s e r s
Mit 25 Jahren heiratete Lothar 1100 die Northeimerin
Richenza, Tochter von Heinrich dem Fetten (um 1055 –
1101) und Gertrud von Braunschweig (um 1060 – 1117),
der letzten
„Sachwalterin des brunonischen Erbes“
– wie
sie allgemein bezeichnet wird – und durch ihre zweite
Ehe mit Graf Dietrich von Katlenburg (gest. 1085) zu-
gleich Erbin des umfangreichen katlenburgischen Erbes.
Aufgrund der verschiedenen Erbfälle und mit den ihm von
den Billungern überkommenen Grafschafts- und Vogtei-
rechten verfügte Lothar von Sachsen spätestens ab 1117
in Sachsen über den stärksten Machtkomplex, dessen
Zentrum im Raum zwischen Braunschweig, Königslutter,
Halberstadt und Haldensleben lag, sich insgesamt aber
vom oberen Unstruttal bis nach Lüneburg ausdehnte. Sel-
ten findet dabei in der Forschung der Einfluß der Frauen
in seiner familiären Umgebung Erwähnung, der ebenso
prägend für die Haltung des jungen Lothar war, wie die
Gegnerschaft gegen die Salier:
„Lothar ist also als Sach-
walter und Erbe seiner Großmutter bzw. seiner Schwie-
germutter aufgestiegen, zweier Frauen von politischem
Format, die, zäh ihre Rechte verteidigend, aktiv im
Kampf gegen die salischen Könige standen. Von allen
Seiten her war Lothar durch Abstammung und Tradition
durch und durch antikaiserlich.“
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Letztlich aber war es
der Salier selbst, der Lothar den Weg in den Kreis der
führenden Reichsfürsten eröffnete. Am 23. August 1106
starb der letzte Billunger, Herzog Magnus (ca. 1045–1106),
ohne Erben. Heinrich V. (1081 – 1125) verlieh aber das
Herzogtum Sachsen nicht an einen der Schwiegersöhne
von Magnus, sondern an Lothar von Süpplingenburg. Die-
se überraschende Entscheidung zugunsten Lothars hatte
in vielfacher Hinsicht zu Spekulationen in der historischen
Forschung geführt, da man die tatsächliche politische Be-
deutung Lothars vor dem Jahre 1106 negierte.
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In der
Lothar von Süpplingenburg
Lothar wurde Anfang Juni 1075 als Sohn einer bedeuten
den Familie des sächsischen Hochadels geboren. Sein
Vater Graf Gebhard von Süpplingenburg zählte zur säch-
sischen Opposition gegen den Salier Heinrich IV. Lothars
Familie war mit Besitztümern angesiedelt im halberstädti
schen Harz- und Derlingau, und sächsische Quellen des
12. Jahrhunderts bezeichnen Süpplingenburg als Stamm-
sitz. Die Braunschweigische Reimchronik führte die Ab-
stammung Lothars auf das Geschlecht der Brunonen
zurück:
„her was eyn wurzele und eyn zwick dher edelen
vrucht van Brunswich.“
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Nicht unerheblich waren die ver-
wandtschaftlichen Beziehungen und Einflüsse, so auch
die mütterlicherseits bedingte Aussicht auf das haldens
lebensche Erbe, die sich nach dem Tod der Großmutter
Gertrud von Haldensleben 1116 erfüllte. Zu diesem Erbe
gehörte offenbar das Stift Königslutter am Elm, das Lothar
III. 1135 zur Benediktinerabtei umwandelte und als Grab-
lege für sich und seine Familie bestimmte. Wichtig für
Lothars Jugendzeit soll besonders der Aufenthalt am
Hof seiner Großmutter Gertrud von Haldensleben gewor-
den sein:
„Der frühe Tod Gebhards hatte nun aber ein-
schneidende, bisher unbeachtet gelassene Folgen für
den kaum geborenen Sohn Lothar, da er ihn mit Si
cherheit noch als Kleinkind an den Hof seiner Groß
mutter brachte, der zweiten einflußreichen Witwe des
Namens Gertrud und letzten Vertreterin des Hauses der
Markgrafen von Haldensleben.“
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Sie war die einzige
Fürstin, die der Salier 1076 gefangen nehmen ließ, worin
auch ihre Bedeutung für die sächsische Opposition gegen
den Kaiser zum Ausdruck kam.
Mittelalterliches Grabmal, Haupt der Kaiserfigur