Eisenbahnwesens, wie Eisenbahnwerkstätten, Waggonfabriken und eine Eisenbahn-
Signalbauanstalt, selbst eine Fabrik für den Bau von Lokomotiven, nämlich die
Maschinenfabrik in Zorge
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bei Blankenburg.
Einige Firmen entstanden in Braunschweig auf Initiative der Ehefrauen, die
auswärtige Staatsbürger geheiratet hatten und ihre Ehemänner nun überredeten, ihre
Tätigkeit nach Braunschweig zu verlegen. Hier sind in erster Linie zu nennen,
Voigtländers Optische Werke, Buchlers Chininfabrik, der Musikalienverlag von Henry
Litolff, aber auch die Firmen Georg Westermann und Friedrich Vieweg. Die Inhaber
der ersten beiden Firmen waren österreichische Staatsbürger mit Betrieben in Wien,
Triest und London, die ihren Frauen zuliebe nach Braunschweig gegangen waren,
allerdings auch wegen weiterer positiv empfundener Standortvorteile, wie zentrale Lage
innerhalb Deutschlands, gute Verkehrsverbindungen und hervorragende Bildungs-
einrichtungen.
Der damals sehr bekannte Pianist und Komponist Henry Litolff heiratete
1851
die
Braunschweiger Buchhändlers-Witwe Julie Meyer, trat in deren Geschäft ein und
erweiterte es um einen Musikalienverlag und eine Druckerei, die alsbald überregional
tätig wurden. Der Buchhändler Georg Westermann (
1810
–
1879
) aus Leipzig kam
1827
im Rahmen seiner Ausbildung zum Vieweg-Verlag nach Braunschweig und lernte hier
die Tochter seines Lehrherren, Blanca Vieweg (
1814
–
1879
), kennen, von deren
Schönheit und Wesen er so beeindruckt war, dass er sie nach weiteren Wanderjahren im
November
1838
geheiratet hat. Im gleichen Jahr gründete er in Braunschweig einen
Verlag, dem
1845
eine Druckerei und
1857
eine Buchbinderei folgten. Die Geschäfts-
räume befanden sich in der Breiten Straße
2.
Und ein weiterer Fall aus der Verlags-
branche: Friedrich Vieweg,
1761
in Halle geboren, gab seinen
1786
in Berlin gegründeten
Verlag auf, um im Jahre
1795
Charlotte Campe zu heiraten, und in deren braun-
schweigischer Heimat einen neuen beruflichen Einstieg zu wagen.
Die herzogliche Verwaltung hat schon damals derartige Ansiedlungen nach Kräften
unterstützt, während der Herzog offensichtlich relativ desinteressiert gewesen ist. In
seinen Tagebüchern fehlen jedenfalls Hinweise auf Kontakte und Gespräche, die
Wilhelm mit den Fabrikbesitzern und Gründern geführt hätte, obgleich einige der
neuen „Industrieherren”, wie George Westermann, Henry Litolff, Hermann Buchler
oder Friedrich von Voigtländer in der Welt herumgekommen waren und interessantere
Gesprächspartner gewesen wären, als viele Hofbeamte, Offiziere oder adelige Guts-
besitzer. Aber: Noch immer war mit Landbesitz ein höheres gesellschaftliches Ansehen
verbunden als mit Industriebeteiligungen.
Die Geschichte dieser Unternehmerfamilien der Gründerzeit, ihr plötzliches Ende
oder ihr steiler Aufstieg, ist in vielen Fällen faszinierend, spannend und tragisch
zugleich. Einige, über die hier berichtet werden soll, haben trotz zweier verlorener
Weltkriege, trotz Währungsreformen, Inflation und Weltwirtschaftskrise bis zum
heutigen Tage überlebt und ihre Unternehmen ständig weiterentwickelt, ohne dafür die
allgemeine Anerkennung zu finden, die sie wegen dieser außergewöhnlichen,
unternehmerischen Leistungen eigentlich verdient hätten. Maßgebend für die Auswahl
der erwähnten Firmen ist gewesen, dass sie bereits zu Lebzeiten des Herzogs Wilhelm
gegründet worden sind.
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