Seite 104 - Kirchenbuch

Basic HTML-Version

628
I nge Mager
dem im westlichen Eingangsbereich der Kirchen stehenden run-
den, die Ewigkeit symbolisierenden Taufstein entweder durch
Untertauchen (
immersio
), Begießen (
in/superfusio
) oder Be-
sprengen (
aspersio
). Für das Untertauchen wie auch für das
gründliche Übergießen des Kopfes war in der Regel eine Becken-
tiefe von 80 cm erforderlich (vgl. das bronzene, auf den vier Para-
diesflüssen ruhende Taufbecken von 1441 in der St. Annenkapel-
le der St. Martinikirche in Braunschweig). Der ursprüngliche
Standort der Taufbecken im westlichen Kirchenvorraum ist der
altkirchlichen Teufels- und Erbsündenvorstellung geschuldet.
Durch das imWasserritus versinnbildlichte Sterben des alten und
Auferstehen des neuen Menschen geschieht mit der Anrufung
des dreieinigen Gottes die Befreiung aus der Gewalt des Teufels
und die Vergebung der Erbsünde (symbolisiert durch Austrei-
bung/Exorzismus und Abschwörung/Abrenuntiation). Gleichzei-
tig erfolgt die Aufnahme in die christliche Gemeinde. Weil nur
Getaufte eine Kirche betreten durften, fand die Taufe vor dem
Chorraum der Kirche statt (zum alten Standort des Taufbeckens
vgl. z. B. die St. Stephani-Kirche in Helmstedt). Dem Schutz des je-
weils zu Ostern vom Bischof geweihten Taufwassers dienten oft
reich ausgeschmückte Taufdeckel.
Abb. 2:
Taufbecken (von 1440,
ehemals in St. Ulrici,
Braunschweig) in der
Brüdernkirche,
Braunschweig,
Foto: Jutta Brüdern