Seite 130 - Kirchenbuch

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Peter A lbrecht
Die Anweisungen für das phi-
losophische Grundstudium
zur Vorbereitung auf die drei
höheren Studiengänge sind
die geheime Mitte. Sie spiegeln
Melanchthons Vorliebe für die
alten Sprachen- und einzelne
Schriften des Aristoteles wi-
der. Ihr Ziel soll „gebildete und
sprachfähige Frömmigkeit“
(
sapiens et eloquens pietas
)
sein. Dagegen wirken die theo-
logischen Statuten fast nach-
geordnet. Die meisten zukünf-
tigen Pfarrer kamen ja über
das Studium der Freien Künste
(
artes liberales
), das neben
den biblischen Sprachen auch
andere theologische Inhalte
mitvermittelte, oft nicht hin-
aus.
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Trotz des philosophi-
schen Übergewichts konnten
die ersten streng lutherischen Helmstedter Theologieprofessoren
(Timotheus Kirchner, Tilemann Heshusius, Basilius Sattler, Da-
niel Hofmann) sich bis zu Sattlers Tod (1624) behaupten. Sie be-
wirkten auch durch ihre Ablehnung der vermeintlich ubiquitisti-
schen Abendmahlschristologie der Konkordienformel deren
Zurückdrängung als Bekenntnisnorm.
Durch die bleibende Lehrverpflichtung auf das Corpus Doctrinae
Julium begann eine latente Isolation der Universität dem Konkor-
dien-Luthertum gegenüber. Mit dem Humanisten Johannes Caseli-
us (1589) und dem Aristoteliker Cornelius Martini (1592), der als
einer der ersten die Metaphysik für die lutherische Theologie zu-
rückgewann, begann der Aufstieg der Artistenfakultät. Der mit
dem Ramismusverbot (1597) beginnende Hofmannsche Streit um
das Verhältnis von Philosophie und Theologie (1598-1601) lähmte
zwar den Lehrbetrieb, förderte aber gleichzeitig die Ausbildung
einer philosophiefreundlichen, bekenntnisoffenen, fast frühaufklä-
rerischen Atmosphäre unter der jüngeren Helmstedter Theologen-
generation. An deren Spitze stand der 1615 zum Professor für Kon-
Abb. 2:
Epitaph für Basilius
Sattler (Hauptkirche
B.M.V., Wolfenbüttel),
Foto: Jutta Brüdern