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K l aus Renner
Diese Zahlen lassen auf den ersten Blick erkennen, dass im Ge-
folge des Ersten und vor allem des Zweiten Weltkriegs eine Ver-
nichtung von Glocken in einem früher unbekannten Ausmaß
stattgefunden hat. Von der Vernichtung besonders betroffen war
nach den Auswahlkriterien der Glockenbestand des 19. Jahrhun-
derts.
Der Verlust an Glocken wird durch das Neubeschaffungsvolu-
men von Glocken im 20. Jahrhundert als Ersatz verlorener Glo-
cken und als Ausstattung zahlreicher neuer Kirchengeläute weit-
gehend behoben: 720 Glocken sind in diesem Zeitraum neu
gegossen worden, davon 214 Glocken aus dem Glockenersatz-
stoff Eisen und 83 aus Stahl.
Insbesondere die Eisenglocken stellen aufgrund ihrer physikali-
schen Beschaffenheit in der Gegenwart ein Problem dar, da sie
nach einigen Jahrzehnten durch Innenrostung zerfallen, wäh-
rend die Stahlglocken bei sachgerechter Pflege (Außenanstrich)
lange ihren Dienst tun können. Die ältesten Stahlglocken, die un-
mittelbar nach ihrer Erfindung in Bochum im Jahre 1852 in den
Jahren 1853 und 1854 in braunschweigische Kirchen gelangten,
sind auch heute noch voll funktionsfähig.
Glocken sind bis in die Neuzeit in der Regel als Einzelglocken für
bestimmte liturgische und öffentliche Zwecke bestimmt gewe-
sen. Sie dienten z. B. dem Einläuten der Gottesdienste, dem Va-
Abb. 5:
Glockenweihe in
St. Bartholomäus
Blankenburg,
Hochwinden der
stählernen Festglocke
(20. April 1922),
Foto: Schinkel,
Fotonachweis:
Landeskirchliches
Archiv Wolfenbüttel