Seite 158 - Kirchenbuch

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Hans-Jürgen Enge l k i ng und Chr i ste l K i e l
Minderheit und ihre Verankerung im weltlichen Recht. Damit wurde die Grundlage zur
Ausbildung eines Sonderrechts für die jüdische Minderheit gelegt, das bis zur Emanzi-
pation der Juden im 19. Jahrhundert gültig blieb und das Verhältnis der Christen zu den
unter ihnen lebenden Juden politisierte. Den Kern dieses jüdischen Minderheiten-
rechts bildeten die an ökonomischen und politischen Interessen des Ausstellers ausge-
richteten jederzeit widerrufbaren und verlehnbaren Schutzbriefe. Gegen die Entrich-
tung von Schutzgeldern konnten die Juden das Recht auf Niederlassung, ein befristetes
Wohnrecht und Schutz vor Übergriffen in Städten und auf Geschäftsreisen erlangen.
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Im niedersächsischen Raum lassen sich erste Ansiedlungen von Juden, vermutlich
aus dem Rheinland vertrieben, um die Mitte des 13. Jahrhunderts nachweisen, zu-
meist in der Nähe der großen Handelsstraßen, so in Braunschweig, Goslar, Helmstedt
und Gandersheim.
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Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung schwankte meist zwischen
1% und 2%.
Die jüdische Minderheit fand bis zu ihrer Emanzipation im 19. Jahrhundert ihr oft
spärliches Auskommen vor allem im Geldhandel und in dem Christen verbotenen
Kreditgeschäft, der Pfandleihe, dem Viehhandel, dem Schlachtereigewerbe und im
Hausierhandel. Tätigkeiten in der Landwirtschaft und in Handwerk und Handel wur-
den ihr verwehrt, der Erwerb von Grund- und Hausbesitz war ihnen abgesehen von
Ausnahmen, grundsätzlich nicht erlaubt.
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Geborgenheit gab den Juden, die ihr Leben nach dem in der Thora verzeichneten mo-
saischen Gesetz führten, der Zusammenhalt in ihren selbst verwalteten Gemeinden
mit eigenen Synagogen, oft nur ein Zimmer in einer Privatwohnung, eigenen Schulen
und Friedhöfen.
REFORMAT ION UND JUDEN
Hoffnungen zur Verbesserung ihrer Lage mochten die Juden mit der Spaltung der
christlichen Kirche auf die Reformation setzen. Doch einer ihrer bedeutendsten Ver-
treter, Martin Luther (1483-1546), wurde zunehmend kritischer und hasserfüllter den
Juden gegenüber, als er sich in seiner Hoffnung auf jüdische Konvertiten getäuscht
sah. Setzte sich Luther noch 1523 im Sinne christlicher Nächstenliebe für die Juden
und ihre gesellschaftliche Integration ein, erklärte er seit 1538 die Juden zu den ärgs-
ten Feinden des Christentums. Seine Thesen blieben nicht ohne Einfluss auf die übri-
gen Reformatoren.
In Braunschweig teilte der einflussreiche spätere Propst von Braunschweig, Martin
Chemnitz (1522-86), die von Luther und den übrigen Reformatoren vorgetragenen ju-