Das Ze i ta l ter der Reformat i on im Lande Braunschwe i g
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1523 aus Braunschweig wei-
chen musste. Zu ihnen gehör-
ten aus dem Ägidienkloster
auch der Prior Hermann Boek-
heister († 1551), der ebenfalls
nach Wittenberg zog, um Lu-
ther zu hören, sowie der Kan-
tor und ehemalige Propst des
Chorfrauenstiftes Steterburg
Nikolaus Decius (ca. 1495 bis
nach 1546), bis heute bekannt
als Verfasser des Liedes „Al-
lein Gott in der Höh sei Ehr“.
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Beide mussten allerdings auch
fast gleichzeitig mit Kruse
Braunschweig verlassen.
Zu den ersten Anhängern ge-
hörten aber auch Bürger wie
der Fernhändler Hans Pelt (ca.
1473-1530), der von sich nicht
ohne Stolz sagte, dass er alle
Schriften Luthers, auch die la-
teinischen, besitze und gelesen habe, sowie dessen Freunde und
Bekannte, von denen mehrere wie der Kaufmann und Brauer
Hans Horneburg und dessen Bruder Peter Horneburg oder der
Zollschreiber Marsilius wegen ihrer lutherischen Gesinnung
ebenfalls im Jahre 1523 verfestet, also der Stadt verwiesen wur-
den.
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Zu den Beförderern der Reformation in Braunschweig dür-
fen wir auch den Ende 1523 hierher gekommenen Arzt und Hu-
manisten Euricius Cordus (eigentlich Heinrich Solden)
(1486-1535) rechnen.
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Als Humanist und Dichter scharfzüngiger
Epigramme hatte Cordus schon immer die Schwächen des Papst-
tums und der Kirche angegriffen, und als dann Luther auftrat, be-
grüßte er mit vielen anderen Humanisten in ihm den Mann der
neuen Zeit. Sein Einfluss dürfte sich vor allem auf die auch in
Braunschweig lebenden Humanisten ausgewirkt haben, und an-
fangs war er durchaus der Hoffnung: ,,Bald wird das Evangelium
auch in Braunschweig Eingang finden.“ Aber darin er hatte sich
bitter getäuscht. In einem Brief vom 24. Juni 1524
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an seinen
Freund Johann Lange (1487-1548), den Reformator Erfurts, schil-
Abb. 2:
Titelblatt „To allen
Christ gelövigen“
(Rechtfertigung des
der Ketzerei be-
schuldigten Mönchs
Gottschalk Kruse für
seinen Weggang aus
Braunschweig und
dem Ägidienkloster,
1523),
Foto: Jutta Brüdern,
Braunschweig