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Peter A lbrecht
Glaubensfragen zu bestimmen,
das
jus majestaticum circa sacra
,
hatte sich nach vorherrschender
Meinung in der Mitte des 18. Jahr-
hunderts in eine Art Kirchen-
organisationsaufsicht gewan-
delt.
Nun wurden weder das Fürsten-
tum Wolfenbüttel noch das Fürs-
tentum Blankenburg rein monar-
chisch regiert, der Landesherr
teilte die Ausübung gewisser Ma-
jestätsrechte mit seinen Land-
ständen. Diese hatten in beiden
Fürstentümern drei Kurien, die
der Prälaten, die der Ritterschaft
und die der Städte. Die Kurie der
Prälaten umfasste im Fürsten-
tum Wolfenbüttel die Äbte der
Stifte und Klöster von Königslut-
ter, Riddagshausen, Amelungs-
born, Sankt Blasius, Sankt Cyria-
cus, Sankt Lorenz, Marienberg,
Mariental, Steterburg, Clus und Frankenberg, also insgesamt 11
Personen. Nun traten die Landstände erstmals wieder 1768/70
nach jahrzehntelanger Pause wegen des drohenden Staatsbank-
rottes zu einer Vollsitzung zusammen, doch heißt das nicht, dass
sie in der Zwischenzeit ganz ohne Bedeutung waren. Die Notlage
zwang Carl I., die hergekommenen Rechte der Landstände er-
neut zu bestätigen, doch die alten Verhältnisse kehrten damit
nicht wieder. Zwar wurde auf dem Landtag kräftig gestritten und
um Lösungen gerungen, jedoch nicht zwischen den drei Kurien,
sondern zwischen der mehr zentralistisch eingestellten Hofpar-
tei, also jenen, die mehr die Interessen des Herzogs vertraten und
jenen, welche auf überkommene, wie sie meinten wohlerprobte
Mitwirkungsrechte pochten, die sich um Repräsentanten des
Landadels scharten. Beide Parteien hatten in jeder Kurie ihre An-
hänger, nur wenige waren, soweit man das heute noch beurteilen
kann, neutral. Zu theologischen Fragen hat sich die Kurie der
Prälaten zur Zeit der Aufklärung nie öffentlich geäußert.
Abb. 2:
Herzog Carl I. zu
Braunschweig-
Lüneburg (1713-1780),
Kupferstich,
Fotonachweis: Herzog
August Bibliothek
Wolfenbüttel