Von Predi gten und Predi ger n
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VON PREDIGTEN UND PREDIGERN
von Klaus Jürgens
VORBEMERKUNG:
Der folgende kleine Bericht über Predigten und Prediger in unserem Lande kann in
keiner Weise als eine Geschichte der Predigt
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bezeichnet werden, dafür ist alles viel
zu kurz und vieles nur eben angedeutet. Auch ist die Auswahl der Prediger sehr sub-
jektiv, und mancher wird manchen vermissen oder einen, der angeführt wird, für ent-
behrlich halten. Bei der Kürze, die für diesen Artikel zur Verfügung stand, war eine an-
dere Vorgehensweise nicht möglich. Ich hoffe aber, dass dennoch dieser kleine
Durchblick durch die Geschichte des Predigens hilfreich sein kann.
In der Zeit der Karolinger, also den ersten Jahrzehnten christlicher Kirche in unserem
Raum, war die Predigt überwiegend Missionspredigt. Selbstverständlich erfolgte sie
in der Volkssprache, anders hätte man die Menschen nicht erreicht. Auch wenn von
allen diesen Predigten nichts überliefert ist, können wir doch etwa aus dem 82. Kapi-
tel des Capitulare Karls des Großen einiges über den Inhalt entnehmen. Gott, seine
Natur, seine Eigenschaften, die Trinität, die Menschwerdung, Leben und Leiden Chris-
ti, die Auferstehung der Toten, sodann Belehrung über Sünden und Laster, die ewig-
lich bestraft werden, dazu die Tugenden und guten Werke, die das ewige Leben ver-
dienen, sollten behandelt werden. Vorwiegend ging es aber in der Missionszeit auch
darum, dem Menschen einzelne Gebete, Riten und fromme Übungen, regelmäßige
Besuche der Messen, auch die Verehrung der Heiligen und Reliquien zu vermitteln.
Der Predigtauftrag lag bei den Bischöfen, als Delegierte der Bischöfe waren aber auch
die Priester an den ländlichen Taufkirchen zur Predigt verpflichtet. Dass es damit aber
dennoch oft genug schlecht bestellt war, muss aus den vielfältigen Ermahnungen zur
Predigt geschlossen werden. Einen festen Ort hatte die Predigt in den verschiedens-
ten Formen in den Klöstern. Hier kamen schon früh, wieder besonders durch Karl
den Großen gefördert, Predigtsammlungen, Homiliare, aus denen vorgelesen wurde,
in Gebrauch; besonders das vom Kaiser angeregte Homiliar des Benediktiner Mön-
ches Paulus Diakonus (†799) fand, oft erweitert und ergänzt, bis zum Beginn der Re-
formationszeit weite Verbreitung. Während die Predigt im Laufe der nächsten Jahr-
hunderte vielfach in Verfall geriet, auf dem Lande wohl oft gar nicht gepredigt wurde,
gewann die Predigt durch die Bettelorden, besonders den Dominikaner-Orden, der
sich ja ausdrücklich
Ordo Praedicatorum
nannte, aber auch durch den Franziskaner-
Orden neue Bedeutung. Ihre Tätigkeit entfalteten beide Orden überwiegend in den
Städten; sie dehnten aber gelegentlich ihre Predigt auch auf das Umland aus. In Braun-
schweig und Goslar finden sich Franziskaner bereits seit etwa 1215, die Dominikaner