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K l aus Jürgens
Im Zentrum seiner Predigten
stehen Christus und der Glau-
ben: ,,Niemand hätte auch nur
die kleinste Sünde wegneh-
men können, wir sind Fleisch
und Blut. Wenn das Gewissen
brennt, wird niemand von den
Fürsten dieser Welt befreien,
niemand den Zorn Gottes ver-
söhnen können. Dies alles hat
Christus getan [...]. Wenn du
glaubst, so hast du es, durch
den Glauben ist dieser Chris-
tus dein. Der Glaube ist die Er-
kenntnis Christi.“ Aber dieser
Glaube hat Konsequenzen,
Christus will, „[...] daß wir den
Glauben in der Liebe üben,
und wiederum mit unserer Ge-
rechtigkeit, Weisheit und al-
lem Vermögen uns der Brüder
annehmen, wie Christus uns
angenommen hat und mit sei-
nen Gütern bekleidet und
reich gemacht hat“. ,,Jetzt hofft
man nicht mehr, daß die Kna-
ben künftig Päpste werden sol-
len und dgl. Damit geben wir zu erkennen, was wir unter dem
heiligen Scheine gesucht haben, nämlich Eitelkeit. Warum sucht
man nun nicht einen besseren Weg für die Kinder? [...] Wenn wir
Mittel zu Kanonen und Schanzen haben, warum nicht zur Erzie-
hung der Jugend? Wenn zu gottlosen Dingen, warum nicht zu
wahrhaft guten? Wir haben gottlose Schulen gehabt, jetzt aber
müssen wir andere einrichten.“
Zu den herausragenden Predigern der zweiten Reformatorenge-
neration gehörte der Braunschweiger Stadtsuperintendent Joa-
chim Mörlin (1514-1571). Sein Sohn Hieronimus gab nach dem
Tode des Vaters dessen Predigten über die Psalmen wie auch
Konzepte der Predigten über die Sonntagsevangelien heraus. In
einem Vorwort schreibt er, sein Vater habe „mit seinen hohen
Abb. 2:
Johannes Bugenhagen
(1485-1558), Tafelbild
am Chorgestühl der
Brüdernkirche in
Braunschweig,
Foto: Jutta Brüdern