Die moderne Literatur zur Numismatik des Braunschweigischen Landes
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In der Zeit kurz vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg hat Wilhelm Jesse, lange Jahre
Direktor des Städtischen Museums Braunschweig, die Numismatik in Braunschweig und im Braun-
schweigischen Land geprägt. Aus seiner Feder stammt die bis heute beste Münz- und Geldgeschichte
Niedersachsens
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, die aber nur insgesamt 130 Seiten umfasst und daher nur kurz zusammenfassend die
Münzen des Braunschweigischen Landes behandeln konnte. Jesses Hauptarbeitsgebiet war die mittel-
alterliche Numismatik. Er beschäftigte sich aber auch mit frühneuzeitlichen Prägungen sowie all-
gemein mit der Institution der Münzerhausgenossenschaft und mit den Münzmeistern. Die beiden
Überblicksartikel über die Münzprägung in Land und Stadt Braunschweig, die Jesse für ein geplantes
‚Handbuch der Münzkunde’, das aber nur in einer Lieferung erschienen ist, schrieb, können nur zur
ersten Information dienen.
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Auf der Grundlage eines Manuskriptes von Heinrich Buck verfasste
Wilhelm Jesse aber eine ausführlichere Münz- und Geldgeschichte der Stadt Braunschweig von 1499
bis 1680, die auf 115 Seiten einen umfassenden, von der Geldgeschichte geprägten Überblick über das
Münzwesen Braunschweigs bringt.
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Überblicksartikel über die Münz- und Geldgeschichte des Landes
Braunschweig von gerade einmal 20 Seiten, die in etwa dem Überblick in Jesses ‚Münz- und Geld-
geschichte Niedersachsens’ entsprechen, schrieb in den 70-er und 80-er Jahren des 20. Jahrhunderts
auch Jesses Nachfolger als Numismatiker im Städtischen Museum Braunschweig, Bert Bilzer.
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Für andere Städte im Braunschweigischen Land, in denen Münzen geprägt wurden, fehlen Werke
wie das von Jesse über die städtischen Prägungen Braunschweigs.
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Für die Helmstedter Münzprägung
ist man auf den veralteten und unvollständigen Aufsatz von Engelke angewiesen
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, für Gandersheim
auf die noch unvollständigeren kleinen Schriften von Broschwitz und Gaettens.
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Zur städtischen
Münzprägung Goslars erschien 1995 das umfassende Werk von Buck, Büttner und Kluge.
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Wichtige Materialsammlungen legten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Karl Müseler mit
den ‚Bergbaugeprägen’ der ehemalige Preussag-Sammlung (heute TUI) vor und Frank Berger mit den
‚Mittelalterlichen Brakteaten im Kestner-Museum Hannover‘.
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Kommentierte Materialzusammen-
fassungen für einzelne Bereiche der braunschweigischen Münzen und Medaillen entstanden durch
Gerhard Duve, der sich mit den Lösern und Dicktalern beschäftigte
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, und von Fritz Spruth über die
Oberharzer Ausbeutetaler.
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Elbeshausen erstellte einen Katalog der mit dem Oberharzer Bergbau
verbundenen Jetons und Marken.
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Für die Münzprägung Herzog Friedrich Ulrichs (1613-1643) lieferte
Heiko Donau neuerdings einen wichtigen Beitrag. Was die Medaillen der Welfen betrifft, hat Günther
Brockmann das heute noch maßgebende Überblickswerk verfasst, mit einigen, allerdings nicht immer
umfassenden und korrekten Kommentaren zu den einzelnen Medaillen.
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In zahlreichen Büchern und
Zeitschriftenartikeln werden einzelne Münzen und Medaillen aus Braunschweig und dem Braun-
schweigischen Land behandelt, auch einzelne Schatzfunde und bestimmte Prägeperioden vorgestellt
oder Einzelaspekte braunschweigischer Münz- und Geldgeschichte beleuchtet. Das umfangreiche
Literaturverzeichnis (siehe unten S. 433 ff.) strebt hier keine Vollständigkeit an, sondern führt nur die
Beiträge auf, die zur Bearbeitung des Themas herangezogen wurden und in den Anmerkungen zitiert
werden.
In der im Jahr 2000 erschienenen ‚Braunschweigischen Landesgeschichte’ spielt das Münz- und
Geldwesen, dem dort kein eigener Artikel gewidmet ist, keine Rolle. Die Beiträge von Gerhard zur
Geld- und Währungsgeschichte, die 2008 in den drei Bänden der ‚Wirtschafts- und Sozialgeschichte
des Braunschweigischen Landes‘ erschienen sind, wurden sehr allgemein gehalten und geben nur zur
einigen Aspekten nähere Auskünfte.
Im Jahr 2002 forderte Gerd Biegel bei der Vorstellung des bedeutenden mittelalterlichen Schatz-
fundes von Northeim-Höckelheim: „Eine neuere zusammenfassende Münz- und Geldgeschichte
Braunschweigs ist ein dringendes Desiderat der Forschung...“.
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Das vorliegende Werk kann diesen
Wunsch nicht völlig erfüllen. Es will aber Anstöße geben, Geld und Münzen als wichtige Faktoren
braunschweigischen Lebens über fast 1000 Jahre hinweg stärker als bisher geschehen in die Landes-
geschichte einzubinden.