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Die Münzprägung des Spätmittelalters und der Beginn der Groschenprägung
Von den Herzögen des Alten Hauses Braunschweig werden Albrecht I. dem Großen (1252-1279),
Heinrich dem Wunderlichen (Mirabilis) (1279-1322) und Albrecht II. dem Fetten (1279-1318) Münzen
zugeschrieben, die in der Münzstätte Braunschweig hergestellt wurden. Es waren Hohlpfennige mit
dem traditionellen Bild des Löwen (siehe oben S. 49-51). Den Herzögen des mittleren Hauses Braun-
schweig, die über das Braunschweiger Umland regierten, bevor durch die Teilung des Jahres 1495 end-
gültig das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel entstand, werden dagegen nur wenige Prägungen
zugewiesen, und zwar den Herzögen Friedrich (1373-1400), Wilhelm I. dem Siegreichen (1416-1482)
und seinem Halbbruder Heinrich dem Friedfertigen (1428-1473).
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Herzog Friedrich (1373-1400)
Wo die Prägungen hergestellt wurden, die Friedrich (1373-1400), ältester Sohn des Herzogs Magnus II.
Torquatus (1369-1370), ausgegeben haben soll, ist unklar. Dem noch minderjährigen Friedrich war
nach dem Tode seines Vaters in der unruhigen Zeit des Lüneburger Erbfolgekriegs die Herrschaft zu-
gefallen. Friedrichs Vormund war der Göttinger Herzog Otto der Quade,
der sich 1374 der Burg Wolfenbüttel bemächtigt hatte. Erst einem Bündnis
Friedrichs mit der Stadt Braunschweig und den Lüneburger Herzögen gelang
es im Jahre 1381, Otto aus dem Land zu drängen. Seit 1381 herrschte Friedrich
von der Burg Wolfenbüttel aus über das Braunschweiger Land. Auf dem Fürstentag in Frankfurt im
Jahre 1400 wurde er sogar als Nachfolger König Wenzels ins Gespräch gebracht, kam aber auf der
Rückreise von Frankfurt unter mysteriösen Umständen ums Leben.
Fiala und Welter
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schrieben Herzog Friedrich eine Reihe von Pfennigen mit dem schreitenden
Löwen zu (Abb. 67)
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. Da sie aber alle keine Aufschriften tragen, ist diese Zuordnung nicht gesichert.
1374 war unter den Bürgern Braunschweigs, die Herzog Friedrich und seinem Bruder huldigten, auch
der Münzmeister Detmar.
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Der Herzog konnte offenbar über die Münzstätte Braunschweig Ver-
fügungen treffen. Mehrfach wird erwähnt, dass er die Münze zu Braunschweig als Lehen vergab bzw.
verpachtete, so 1380 an Heinrich Kerkhof, 1383 an die Brüder Rudolf und Bertram von Velstede, 1392
an Hans von Gustede aus Braunschweig sowie Hermann von Vechelde und Heinrich
Kerkhof.
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Dass Herzog Friedrich die zweiseitig geprägten Münzen, die ihm zu-
geschrieben werden, in Braunschweig herstellen ließ, ist unwahrscheinlich. In der
Braunschweiger Münze wurden damals einseitig geprägte Hohlpfennige mit dem
Löwen hergestellt (siehe unten S. 74). Auch die Hohlpfennige mit dem breiten
Strahlenrand (Abb. 68)
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, die von Fiala zweifelnd, von Welter ohne Einschränkung Herzog Friedrich
zugewiesen wurden
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, sind wahrscheinlich nicht in Braunschweig geprägt. Sie entstanden wohl in
Lüneburg und dürften unter die städtischen Prägungen aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts
einzuordnen sein.
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Herzog Wilhelm I. der Siegreiche (1428-1482)
Herzog Friedrichs Neffe, Wilhelm I. der Siegreiche (1428-1482), war einer der Welfenherzöge, der
Meißner Groschen imitieren ließ (Abb. 69)
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.
Die Vorderseite des welfischen Groschens zeigt das von
den Meißner Prägungen bekannte Blumenkreuz im Vier-
pass, die Rückseite den steigenden Meißner Löwen mit
dem Pfahlschild der Markgrafschaft Landsberg. Die
Münze imitiert die Vorder- und Rückseitentypen der
sächsischen Schwert- und Rautengroschen, die seit 1456
Abb. 67:
Herzogtum Braunschweig,
Friedrich von Wolfenbüttel
(?), Pfennig, unbekannte
Münzstätte, 1388?. –
Silber. 0,40 g. 12mm. –
Niedersächsisches Münz
kabinett der Deutschen
Bank Hannover Inv.-Nr.
01.061.004.
Vorderseite:
Löwe nach links schreitend.
Perlenrand.
Rückseite:
Mauer mit offenem Tor,
darüber drei Türme. Perlen-
rand.
Abb. 68:
Stadt Lüneburg (?),
Hohlpfennig, zweite Hälfte
14. Jh., Münzstätte
Lüneburg. – Silber. 0,39 g.
17mm. – HAUM Inv.-Nr.
197b/16.
Vorderseite:
Löwe nach rechts schrei-
tend. Breiter Strahlenrand.
Rückseite:
ungeprägt.
Abb. 69:
Herzogtum Braunschweig-
Lüneburg, Wilhelm I. der
Siegreiche, Groschen nach
Meißner Art (Beischlag),
ca.1465-1470, Münzstätte
Eldagsen oder Pattensen. –
Silber. 1,59 g. 28mm. –
Niedersächsisches Münz-
kabinett der Deutschen
Bank Hannover Inv.-Nr.
01.061.010.
Vorderseite:
WIL
°
DEI
°
GRATIA
°
III
°
BRV
°
ET
°
[LV]; Blumenkreuz im
Vierpass, oben in der Um-
schrift kleiner Löwenschild.
Rückseite:
+
GROSSVS
°
WIL
°
DVC[IS
°
I]
°
BRV
°
ET
°
L; Löwe nach links
steigend hält einen Schild
mit senkrechten Pfählen vor
sich.