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Die Münzprägung des Spätmittelalters und der Beginn der Groschenprägung
Stadt Braunschweig beginnen, war aus den zeitweiligen Verpfändungen der Münze eine dauernde
Pacht geworden.
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Die Braunschweiger Münzbücher verzeichnen von 1403 bis 1409 einen jährlichen
Reingewinn, der zwischen 75 und 160 Mark lag. Laut der Aufzeichnungen wurden jährlich etwa 1.700
bis 1.900 Mark legierten Silbers zu Münzen verarbeitet.
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Endgültig in den Besitz der Münze gelangte Braunschweig im Jahre 1412. Am 13. März 1412 ver-
kauften die Herzöge Bernhard und Otto das Münzrecht unwiderruf lich an die Stadt Braunschweig
und verzichteten fortan auf die eigene jährl iche Pfennigprägung. Die übrigen berechtigten
Welfenherzöge wurden durch finanzielle Geschenke dazu gebracht, dem Verkauf der Münzstätte zu-
zustimmen. An jeden der Herzöge zahlte die Stadt Braunschweig 30 rheinische Goldgulden, an
Heinrich von Lüneburg, Otto Cocles von Göttingen, Erich von Salzderhelden. Friedrich zu Osterode
erhielt zusätzlich noch 30 Mark.
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Auch die Pfandschulden der Herzöge, die ihre Rechte an der Münze
mehrfach verpfändet hatten, mussten damals von der Stadt beglichen werden. 3.990 Mark waren für
den Kauf der Münze aufzuwenden. Weitere 500 Mark wurde in die Einrichtung der Münze gesteckt,
bis die ersten neuen Braunschweiger Pfennige, die so genannten ‚ewigen Pfennige’, ab 1412/3 geprägt
werden konnten (siehe unten S. 79).
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Seither besaß die Stadt Braunschweig das uneingeschränkte Verfügungsrecht über die Münzstätte,
wie eine Reihe von Münzedikten zeigt.
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Sie war Besitzerin der Landesmünzstätte geworden. Die dort
geprägten und von der Stadt in Umlauf gesetzten Pfennige galten gleichzeitig als Landesmünzen.
Noch 1498 bestätigte Herzog Heinrich der Ältere den Braunschweiger Pfennig als Landesmünze.
Gleichzeitig musste Braunschweig aber auch die Einwilligung des Herzogs einholen, als der Rat der
Stadt im Jahre 1498 die Herabsetzung des Feingehalts des Braunschweiger Pfennigs beschloss (siehe
unten S. 98). Denn formal besaß der Herzog noch immer die Münzhoheit.
Die Organisation der städtischen Münze
Für die Prägung der städtischen Pfennige Braunschweigs war der Münzmeister zuständig. Er wurde,
wenn die Prägung von Münzen anstand, zusammen mit seinen Knechten vom Rat eingestellt. Seine
Aufgabe war es, das zur Verfügung gestellte Silber einzuschmelzen und daraus Münzen zu prägen.
Überwacht wurde der Prägevorgang von städtischen ‚Gießherren’, gelegentlich auch ‚Münzherren’ ge-
nannt, die auf das vorgeschriebene Gewicht sowie den Feingehalt der Münze zu achten hatten.
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Die
Gießherren lieferten auch den Schlagschatz ab, den Überschuss nach Abzug der Prägekosten und der
Löhne für die Münzarbeiter. Mit der Herstellung ‚größerer Geldstücke’ wurden dagegen zwei oder
mehr Mitglieder der Münzergilde beauftragt. Ihnen händigte der Rat der Stadt die städtischen Stempel-
eisen aus. Neben den städtischen Stempel hatten sie zur Garantie der Vollwertigkeit der Stücke aber
auch ihr eigenes Zeichen zu setzen.
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Die spätmittelalterliche Münzstätte in Braunschweig befand sich in der Altstadt. 1368 wird die ‚alte’
Münzschmiede ‚Hinter Brüdern’ erwähnt.
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Sie lag neben Pfarrkirche und Pfarrhaus St. Peter und
wurde 1419 in eine Taverne umgewandelt.
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Die neue Münze, zu
der auch eine vermietete Wechselbude gehörte, befand sich seit
Ende des 14. oder Beginn des 15. Jahrhunderts an der Ecke
Schützenstraße / Kohlmarkt (Abb. 72).
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In der Münze standen zwei große, mit mehreren Schlössern
gesicherte Kisten, in denen die städtischen Gelder und die
Rechnungsbücher aufbewahrt wurden.
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Der Braunschweiger ‚Küchenrat’, das wichtigste Ratsorgan,
dem die Bürgermeister aller Weichbilder angehörten, trug seinen
Namen nach seinem zeitweiligen Tagungsort in der Küche der
Münzstätte.
Bis zum Jahre 1719 befand sich die Münze, die nach 1671 in
den Besitz des Herzogs überging, in der Schützenstraße. Dann
wurde sie in die Heydenstraße verlegt (siehe unten S. 262).
Abb. 72:
Städtische Münze an der
Ecke Schützenstraße /
Kohlmarkt, kolorierte
Federzeichnung von J. G.
Beck 1718. – Stadtarchiv
Braunschweig H III 1: 15.