Die Münzstätte Braunschweig
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Die Münzstätte Braunschweig
Braunschweig, im Spätmittelalter die größte Stadt in Niedersachsen, dominierte auch den Münzumlauf
des weiten Umlandes. Formell unterstand die Stadt und damit auch die Münze dem welfischen Gesamt-
haus. Die Herzöge aller Linien nahmen beim Regierungsantritt die Huldigung der Stadt entgegen und
hielten sich öfter in der herzoglichen Burg in Braunschweig auf. Es war aber in der Regel der über das
Umland herrschende Herzog, der als Hauptherr der Stadt über die Prägetätigkeit der Münze entschied.
Dass in der Münzstätte Braunschweig während des gesamten Spätmittelalters Münzen hergestellt
wurden, bestätigen die Urkunden. So gestand 1294 Herzog Heinrich der Wunderliche dem über Lüneburg
regierenden Herzog Otto dem Strengen 20 Pfund jährlicher Einkünfte aus der Münze in Braunschweig
zu.
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Dies geschah offenbar im Hinblick auf den Streit um die Stadt Braunschweig, der zwischen Heinrich
und seinem Bruder Albrecht II. dem Fetten ausgebrochen war. Herzog Albrecht vertrieb seinen Bruder
Heinrich noch im gleichen Jahr aus der Stadt. 1299 befand sich die Münzstätte Braunschweig in der Hand
Albrechts II.
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1307 wird im Stadtbuch der Altstadt die ‚Montighe’ (Münze) genannt.
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Später bezogen
Lehnsleute Herzog Ottos des Milden (1318-1344) Einnahmen aus der Münze in Braunschweig.
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Der Erwerb der Braunschweiger Münze
Rat und Bürger der Stadt Braunschweig bemühten sich seit Ende des 13. Jahrhunderts, Einf luss auf die
Münzstätte zu gewinnen. Schon zuvor hatten die Herzöge Teile der Einkünfte an einzelne Bürger ab-
getreten.
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Am 14. Mai 1296 verpfändete Herzog Albrecht II. der Fette die Einnahmen aus dem Vogtei-
gericht, dem Zoll, den Weichbildern Sack und Altewiek und aus der Münze für 350 Mark an den Rat
der Stadt Braunschweig.
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Vielleicht schon zuvor
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, spätestens aber Ende des 13. Jahrhunderts durfte
die Stadt Braunschweig auf eigene Kosten und mit eigenem Gewinn Münzen prägen. Doch wollten
die Herzöge, auch wenn sie zeitweise die Einkünfte verpfändeten, nicht auf Gewinne aus der Münze
verzichten und nahmen daher als die eigentlichen Münzberechtigten, die die Münzhoheit besaßen,
weiterhin Einf luss. Regelmäßig wurden die Braunschweiger Pfennige verrufen, die auch in Zeiten der
Verpfändung als Landesmünzen im Fürstentum Braunschweig kursierten.
Verpfändungen der Braunschweiger Münze durch Herzog Magnus I. den Frommen (1345-1369)
sind aus den Jahren 1345, 1348, 1357, 1360 und 1369 bezeugt.
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1345 überließ der Herzog dem Rat und
den Bürgern der Stadt Braunschweig seinen Anteil an der Münze auf drei Jahre.
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Damit verbunden
war sicherlich auch die Nutzung der Münzstätte zur Prägung; denn am 1. Juni 1348 wurde die Ver-
pfändung der Münze um weitere fünf Jahre verlängert,
„mit alleme rechte vnde mit aller nut vrieliken“
.
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Am 4. Juni 1357 verpfändete Herzog Magnus seinen Anteil auf drei Jahre, ebenso am 31. Mai 1360.
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Im
Jahre 1369 erhielt er für die Verpfändung der Münze auf unbestimmte Zeit 50 ‚lötige Mark’.
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Am
14. Februar 1371 lieh sich Herzog Magnus II. Torquatus (1369-1373) beim Rat von Braunschweig 300
Mark und verpfändete dafür seine Rechte an Altewiek und Sack, an Vogtei und Münze.
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In der Verpfändungsurkunde des Jahres 1360 wird darauf hingewiesen, dass auch die ‚Vettern’ des
Herzogs die Erlaubnis zur Münzprägung der Stadt geben mussten.
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Denn auch die Herzöge von
Göttingen und Grubenhagen hatten Hoheitsrechte in Braunschweig und Anteil an der Münze. Dass
sich Braunschweig um deren Einwilligung erfolgreich bemühte, zeigt eine Urkunde Herzog Albrechts
von Grubenhagen vom 12. September 1370, wonach die Linie Grubenhagen ihren Anteil an der Braun-
schweiger Münze an den Rat der Stadt Braunschweig verpfändet hatte.
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Dass die Stadt Braunschweig im 14. Jahrhundert dennoch nicht unbeschränkt über die Prägung
von Münzen verfügen konnte, wird daran deutlich, dass Herzog Magnus I. der Fromme (1345-1369)
den ‚Scherf ’, das heißt das Halbpfennigstück, in seinem Land als gängige Kleinmünze abschaffte und
die Einführung des ‚Hinkemanns’, des Viertelpfennigstückes, anordnete.
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Trotzdem war es der Stadt
möglich, die Münze, auch wenn sie noch nicht in ihrem endgültigen Besitz war, weiterzuverpachten,
so etwa im Jahre 1386 an Hilmar von Strobeck, der im Auftrag Braunschweigs Münzen prägen sollte.
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1401 verpfändeten die Herzöge Bernhard (1373-1434) und Heinrich der Milde (1373-1416) dem Rat zu
Braunschweig erneut die Münze.
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Spätestens 1403, als die Aufzeichnungen im ersten Münzbuch der