Seite 62 - Muenzbuch

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Die Münzen und Medaillen im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges
die er bei Juden in Peine mit Aufgeld einwechselte. Als Makler mit guten Beziehungen zum Hof in
Wolfenbüttel verschaffte Heinrich Stender dem Landdrost von der Streithorst gutes Geld, das dieser
einschmelzen und zu schlechten Münzen umprägen ließ. Mit den neuen Münzen betrieb Stender
weitere Geldwechselgeschäfte, verdiente also doppelt daran. Stenders Agenten, meistens Frauen,
gingen in der Stadt umher und kauften den Bürgern das gute Geld, die Schaumünzen und das Silber-
gerät zu guten Preisen ab. Gezahlt wurde dafür mit dem neuen unterwertigen Kippergeld mit ent-
sprechenden Aufschlägen, so dass Leichtgläubige ein gutes Geschäft darin sahen. Bald folgten andere
Braunschweiger dem Beispiel Stenders und spekulierten mit guten und schlechten Münzen, so der
Kaufmann Kramer in der Altstadt und der Apotheker Roerhant in der Neustadt. Auch der aus
Frankfurt stammende Kaufmann Matthias Pelzer betrieb in Braunschweig entsprechende unlautere
Geschäfte im Auftrag der Wolfenbütteler Regierung. Sogar höchste Braunschweiger Magistrate sollen
sich daran beteiligt haben. Bekannt ist dies von dem Bürgermeister der Neustadt Cort Kalm und dem
Zehnmann Arnt von Walsen.
In Braunschweig selbst wurde ebenfalls gutes Geld eingeschmolzen und von Fälschern zu neuen
Münzen umgeprägt. Neben dem Schwindel mit Hilfe der Wechselgeschäfte wurden von kleineren Be-
trügern die Münzen beschnitten und die Ränder abgefeilt, um daraus Metall zur Neuprägung zu ge-
winnen.
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Zwar war durch ein Dekret vom 15. September 1619 die private Kipperei in Braunschweig
verboten worden, aber darum kümmerte man sich wenig, und sogar die Braunschweiger Räte be-
trieben damit weiterhin lohnende Geschäfte.
Die steigenden Preise und die Entwertung von Lohn, Besoldung und Rente führten bald zur
wirtschaftlichen Not in Braunschweig. Erhielt man für einen Reichstaler im Jahr 1617 noch kleine
Münzen im Wert von 2 Talern, so entsprach der gute Taler im September 1621 schon 8 Talern in
kleinen Münzen.
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Teuerung und Wechselgeschäfte brachten die Bevölkerung auf und führten zu
Gegenmaßnahmen. Am 12. Dezember 1620 verkündete der Braunschweiger Rat, man habe sich mit
den Ständen geeinigt, den Taler wieder mit 24 Guten Groschen zu bewerten und die schlechten
Münzen nur nach ihrem tatsächlichen Silbergehalt einzustufen, das heißt die Kippermünzen abzu-
werten. Das bedeutete den Anfang vom Ende der Kipperei in Braunschweig. Der Hauptverantwort-
liche Heinrich Stender f loh daraufhin nach Wolfenbüttel. Andere Beteiligte wurden bestraft. Die
Bürger brachten ihr wertloses Geld entweder ins herzogliche Umland, wo die Kipperei noch länger
währte, oder gaben es an die Braunschweiger Münze, die es einschmolz und daraus neue städtische
Prägungen auf legte.
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Durch die zahlreichen im Umland neu eröffneten Münzstätten
hatte man sich 1620 auch in Braunschweig veranlasst gesehen, die
Münzprägung wieder aufzunehmen, nachdem man zuletzt 1608 ge-
prägt hatte. Neuer Münzmeister wurde Paul Becker, der bis 1648 für
Braunschweig arbeiten sollte und an den Prägungen der Jahre 1620
und 1621 beträchtlich verdiente; genannt werden insgesamt 2.282 Reichstaler. Im Jahr 1620 wurden zu-
nächst Reichsgroschen geprägt, die pro Exemplar nur noch 0,53 g Silber enthielten, während die
Groschen 1572 noch aus 1,077 g Silber und nach dem verschlechterten Münzfuß des niedersächsischen
Kreises von 1610 immerhin noch aus 0,888 g Silber bestanden hatten.
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Auch kleiner waren die Münzen
geworden. Ihr Durchmesser betrug jetzt nur noch 17 bis 18 mm (Abb. 190)
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.
1620 folgte die Prägung einer für Braunschweig völlig neuen Münzsorte, des Doppelschillings
(Abb. 191)
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. Doppelschillinge wurden seit dem 15. Jahrhundert in Lübeck, Hamburg, Lüneburg, Wis-
mar und von den mecklenburgischen Herzögen geprägt und waren im Norden des niedersächsischen
Kreises verbreitet.
16 Doppelschillinge entsprachen einem Taler, wie die Wertzahl
auf der Rückseite der Münze zeigt. Auch bei den Doppel-
schillingen war der Silbergehalt nun wesentlich geringer als
nach der Kreisordnung vorgeschrieben.
Abb. 190:
Stadt Braunschweig,
Groschen 1620. – Silber.
0,97 g. 17mm. –
Städtisches Museum
Braunschweig
Inv.-Nr. 12083.
Vorderseite:
MO · NO · REIP · BRUN
(Moneta nova reipublicae
Brunsvicensis); Helm mit
Helmkleinodien, Helm-
decken und Löwenschild.
Rückseite:
FER · D · G · RO · I · S · A · 
(Ferdinandus dei gratia
Romanorum Imperator
semper Augustus) 16· – · 20;
Reichsapfel mit der Wert-
zahl 24.
Abb. 191:
Stadt Braunschweig,
Doppelschilling 1620. –
Silber. 1,56 g. 23mm. –
NORD/LB Inv.-Nr. 3092.
Vorderseite:
* MO · NO · REIPUB · BRUNS
* (Moneta nova reipublicae
Brunsvicensis); Löwen-
schild, oben Zainhaken als
Münzmeisterzeichen.
Rückseite:
FERDI · II · D · G · RO · I · S · A ·
(Ferdinandus II dei gratia
Romanorum Imperator
semper Augustus) 1620;
Reichsdoppeladler mit der
Wertzahl 16 auf der Brust.