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Fälschungen und Fälscher
Der fürstliche Münzmeister Heinrichs des Älteren, der Braunschweiger Bürger Berthold Lücke,
stellte zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Helmstedt Münzen her, mit denen Braunschweiger Löwen-
pfennige und dänische Witten imitiert wurden. Die falschen Löwenpfennige gingen nach Meißen, die
Witten wurden in Lübeck vertrieben und sollten bis nach Norwegen exportiert werden. Herzog
Heinrich der Ältere war offenbar über diese Geschäfte Lückes informiert und verdiente an der
Produktion mit (siehe oben S. 99).
Zwischen 1608 und 1610 kam es zu Klagen gegen den Braunschweiger Münzmeister Peter Schrader
(Schröder) im niedersächsischen Kreis. Man drohte ihm Strafen wegen des Prägens ‚falscher’ kleiner Münz-
sorten an, die nicht den vorgeschriebenen Regeln entsprächen. Der Beschuldigte verteidigte sich, er habe
auf direkten Befehl des Braunschweiger Stadtkämmerers Kurt von Walbeck und des Syndikus Dr. Johann
Röerhand die Scherfe (Hälblinge) unter Wert geprägt. Der Münzmeister und mit ihm die Regierung der
Stadt Braunschweig entgingen einer Bestrafung durch den Kreis, indem sie argumentierten, es seien nur
traditionelle und rein lokale Münzen der Stadt geprägt worden. Nach einer Intervention des Herzogs
Heinrich Julius musste das minderwertige Geld aber wieder eingezogen werden (siehe oben S. 121).
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In der Kipperzeit zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges waren minderwertige Münzen weit ver-
breitet. Sie wurden sowohl von offizieller Seite als auch in so genannten Heckenmünzstätten, das heißt
verborgenen Münzstätten, produziert (siehe oben S. 172). Der Begriff ‚Fälschung’ ist hier in vielen
Fällen nicht angebracht, soweit staatliche Stellen davon wussten, davon profitierten oder gar an der
Herstellung beteiligt waren. In das System waren die Landdrosten des Fürstentums Braunschweig-
Wolfenbüttel und die offiziell eingesetzten Münzmeister involviert: Betrügerische Wechsler sammelten
gute Münzen ein und tauschten sie gegen schlechte, die unrechtmäßig hergestellt worden waren. Sogar
Herzog Friedrich Ulrich wurde deswegen vor dem Reichskammergericht angeklagt (siehe oben S. 175).
Zahlreiche Privatunternehmer ließen damals Münzen fälschen, die nicht ohne Weiteres von den
herzoglichen oder städtischen Prägungen zu unterscheiden waren.
Betrügerische Münzfälschungen
Die Akten des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel und der Stadt Braunschweig berichten immer
wieder im Lauf der Jahrhunderte davon, dass von Staats wegen gegen Münzfälschungen und Fälscher
vorgegangen werden musste. Dies begann schon im Mittelalter. 1395 wurden in der Stadt Braun-
schweig falsche Braunschweiger Pfennige eingezogen. 1414 wurde ein Fälscher braunschweigischer
Münzen in Magdeburg gefasst und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Auch 1417 endete ein Falsch-
münzer auf dem Scheiterhaufen.
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Der Münzmeister Herzog Heinrichs des Jüngeren in Goslar Hans Köhne (Kühne) ging 1557 gegen
den Münzfälscher Christoph Cunze vor, der sich zuerst in die Obhut der Goslarer Bürger gef lüchtet
hatte, dann aber doch gerichtlich belangt wurde, weil er falsche Mariengroschen angefertigt hatte
(siehe oben S. 106). Es waren mehrfach auch die offiziell bestallten Münzmeister, die der Münz-
fälschung beschuldigt wurden, so 1684 der Braunschweiger Münzmeister Johann Georg Breuer oder
1719 der Münzmeister Heinrich Horst in Zellerfeld (siehe oben S. 241 und 284).
Aus dem Jahre 1614 sind falsche
Taler des Fürstentums Braun-
schweig-Wolfenbüttel bezeugt, die
Juden in Goslar hergestellt hatten.
Der herzogl iche Münzmeister in
Goslar, Heinrich Oeckeler, verlangte
daraufhin von der Stadt, diese Falsch-
münzer zu bestrafen.
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Einige falsche
Münzen dieser Zeit findet man heute
Abb. 548:
Friedrich Ulrich, Taler 1616,
Fälschung. – Kupferlegie-
rung. 25,54 g. 41mm. –
NORD/LB Inv.-Nr. 3709.
Vorderseite:
FRIDERIC · ULRIC · D · G ·
DUX · BRUNSUIC · ET · L;
fünffach behelmter elf-
feldiger Braunschweiger
Wappenschild.
Rückseite:
DEO
*
ET
*
PATRIÆ
*
ANNO
*
1616; Wilder
Mann mit ausgerissener
Tanne. Oben Münzmeister-
zeichen Heinrich Oeckelers.