Seite 30 - Okergeister_

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S
ein Fell war glanzlos, ebenso die
Augen. Der Atem ging langsam und
schwer. Aus seinem ausgemergelten
Körper sprangen die Rippen hervor. Von
der einst prächtigen Löwenmähne zeugten
nur zerzauste Büschel. Geronnenes Blut
klebte an den abgewetzten Krallen seiner
Pfoten.
Wie lange hatte er keinen Bissen mehr
gefressen? Seit er entschlossen war, seinem
Herrn in den Tod zu folgen. Wie kalt die
Grabplatte war! Doch es gab keinen anderen
Ort auf der Welt, wo er seinem Herrn so
nah sein konnte wie hier, im Braunschweiger
Dom. Plötzlich leuchteten seine Katzenaugen
auf, als er sich erinnerte, wie alles
angefangen hatte:
Oh, dieser riesige Lindwurm! Seit Stunden
kämpfte er mit dem Ungeheuer. Immer
wieder spuckte und sprühte der Drache
Feuer. Entkräftet und voller blutender
Wunden lag er unter der Pranke des
Lindwurms, als plötzlich das Klirren von
Eisen zu hören war. Im selben Moment
bäumte sich der Drache unter grässlichem
Schreien auf. Sein schuppiger Leib zuckte,
während sein Rachen nach einer anderen
Beute zu schnappen suchte: einem Mann.
Was für ein geübter Kämpfer! Geschickt
schwang dieser sein Schwert mit dem
goldenen Knauf. Wie kraftvoll er die Klinge
führte! Ein weiterer gezielter Stoß und der
Lindwurm brach röchelnd zusammen.