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Die beiden Quadrigen des ehemaligen Residenzschlosses
bei seinem Besuch am 17. April 1856 in
Braunschweig noch vor der Modellannahme
sein Einverständnis gegeben hatte. Wie hätte
er sich auch sonst entscheiden sollen? Eine
Ablehnung hätte das Scheitern des Projekts
bedeutet. Rietschel blieb in dieser Zwangs-
lage jedoch so couragiert, dass er auf Anraten
von Carl Schiller im Mai darauf bestand, für
die Kupfertreibarbeiten unbedingt Georg
Howaldt (1802-1883,
Abb. 41
) zu beauftragen,
der als einziger vor Ort die nötigen Kennt-
nisse und ausreichend viele „Hülfskräfte“ be-
saß: „weil es sonst wäre, dass die kunstsinni-
gen Herren einen Theekesselfabrikanten für
ausreichend halten könnten“.
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Schiller kann-
te die Haltung der Braunschweiger Honora-
tioren im Quadrigaprojekt und ihre Spar-
samkeit bei maximalen Wünschen. Er und
Rietschel dagegen kannten seit dem Bronze-
guss des Lessingdenkmals Howaldts Quali-
täten und vertrauten ihm daher rückhaltlos
die Quadrigaherstellung an.
Der Verzicht auf den Bronzeguss zu-
gunsten der Treibarbeit bedeutete für Riet-
schel einen größeren Arbeitsaufwand und
durch den Pauschalvertrag inklusive Mate-
rialkosten einen geringeren Verdienst. Für
den Guss hätte ihm ein grober 1:3- oder so-
gar nur 1:4-Entwurf aus „Thon oder Gips“
genügt. Also eine „Skizze“, wie sie noch von
vielen Figuren Rietschels erhalten geblieben
ist. Die Feinarbeit hätte er später im 1:1-Maß-
stab „frei vor sich gehen lassen“ wollen, ge-
wissermaßen stückweise, ohne die gesamte
Quadriga in allen Teilen im Kleinformat
herstellen zu müssen und hierfür Arbeits-
platz, Hebewerkzeuge und Drehscheiben
vorzuhalten.
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Er hätte bei der symmetri-
schen Pferdegruppe im a-b-a-b-Wechsel der
Beinhaltung nur zwei Pferde vollständig
modellieren müssen – Typ a und b – und für
die beiden anderen Pferde lediglich die Köp-
fe und die Schweife. Viele Teile hätte er
mehrfach nutzen und abgießen können,
kurz: Rietschel hätte ein vollständig ausge-
arbeitetes Modell gar nicht benötigt.
Für den Kupfertreiber Howaldt musste
Rietschel aber das „Hülfsmodell“
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mit den
vier Pferden, dem Wagen und der Lenkerin
in allen Proportionen und Einzelheiten
komplett und frühzeitig festlegen. Es muss-
te exakt seine künstlerischen Vorstellungen
wiedergeben. Spätere Korrekturen waren
unmöglich, da der Modellabguss bei Ho-
waldt war und Rietschel in Dresden. Vor
diesem Hintergrund kann man Rietschels
Missmut gegen das Projekt seit dem ver-
hängnisvollen Kurswechsel im April 1856
gut verstehen.
Die schwebende Vertragsneufassung
und vor allem die Größe des „Hülfsmodells“
für Howaldt bedrückten ihn außerdem sehr.
Nach Howaldts Meinung sollte das Modell
im Maßstab 1:2 angefertigt werden, da es
dann genauer ausgeformt werden könnte als
ein kleineres Modell.
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Rietschel dagegen
wollte es im handlicheren und für ihn kos-
tengünstigeren Maßstab 1:3 herstellen, da er
die Auslagenkosten für das Modell ja allein
tragen musste. Nach langer Überzeugungs-
arbeit durch Rietschel und Schiller stimmte
Howaldt dem Vorschlag Rietschels Ende
Mai 1856 endlich zu, es bei einer Modellgrö-
ße im Maßstab 1:3 zu belassen.
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Die Auftraggeber waren mit der Ent-
scheidung Rietschels zugunsten Georg Ho-
waldts generell einverstanden, und der Kup-
fertreiber und Erzgießer konnte die Arbeit
übernehmen. Howaldt erhielt sogar noch
im Oktober 1856 seinen Vertrag, wonach er
32.000 RT Honorar einschließlich der Ma-
terialkosten bekommen sollte, Finanzmittel,
die weder für die von ihm angesetzten
Arbeitszeiten noch für den gesamten Auf-
trag ausreichen sollten.
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Neben dem hohen Honorar würdigte das
herzogliche Staatsministerium Howaldts Be-
auftragung noch auf eine besondere Weise.
Die Herstellung der sechs riesigen Figuren
konnte Howaldt nicht mehr in seiner beeng-
ten Werkstatt am ehemaligen Collegium Ca-
rolinum ausführen, wo er seit 1836 „Lehrer
für Modellieren“ gewesen war.
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Deswegen
erhielt er 1857/58 für die Quadrigaherstel-
lung eine neue Werkstatt an der Hochstraße
in Braunschweig, deren Kerngebäude mit
f lachem Satteldach noch heute erhalten ist
(Abb. 42)
. Das südlich vorgelagerte Werksge-
lände, auf dem 1858-63 die Quadriga ent-
stand, wurde indes nach 1912 überbaut.
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