60
Die dritte Quadriga, erste Planungen 2003-2005
Die Entdeckung des
Quadrigamodells 1999
Bei der Erforschung der Reste von Ausstat-
tung und Baufragmenten des Braunschwei-
ger Residenzschlosses in den 1990er Jah-
ren, ein Projekt, das die Richard Borek
Stiftung, Braunschweig, über Jahre hinweg
finanziert hatte und das in das umfangrei-
che Standardwerk zum Schloss „Braun-
schweiger Hof kultur 1830 bis 1918“ ein-
mündete, stießen die Autoren Bernd
Wedemeyer und Eva-Maria Willemsen auch
auf die Reste der beiden Braunschweiger
Schlossquadrigen. Von der ersten Quadriga
von 1863, die beim großen Schlossbrand
vernichtet wurde, sind heute nur der Kopf
(Abb. 40)
und ein Zeigefinger erhalten. Von
der 1866 bis 1868 nach dem Brand neu ge-
schaffenen, zweiten Quadriga konnten hin-
gegen keine Reste mehr nachgewiesen wer-
den, sie ist nur aus Abbildungen bekannt.
Im Frühherbst 1999 traf während dieser
Recherchen von dem damaligen Direktor
des Braunschweigischen Landesmuseums
Gerd Biegel die Nachricht ein, in den De-
pots der Dresdener Skulpturengalerie Al-
bertina gäbe es ein Gipsmodell der Quadri-
ga des Braunschweiger Residenzschlosses.
Tatsächlich handelte es sich bei dem Dres-
dener Modell um das Original aus der
Hand Ernst Rietschels von 1857/60
(Abb.
21; 33; 34; 57)
. Nach den in der „Neuen
Braunschweiger Zeitung“ veröffentlichten
Fotos und den Schilderungen des Mu-
seumspersonals zu urteilen, befand sich
das Quadrigamodell in einem relativ guten
Zustand, wenn man bedenkt, dass die Figu-
rengruppe zuletzt wegen des Elbhochwas-
sers im August 2002 ihr Depot
143
hatte
wechseln müssen.
Über dieses für die braunschweigische
Geschichte sehr wichtige Ereignis sprach
der Autor bald darauf mit Richard Borek,
dem Vorstandsvorsitzenden der Richard Bo-
rek Stiftung, der dem Vorschlag, einen Ab-
guss des Modells vorzunehmen, sofort zu-
stimmte.Wäre er 1999 zustande gekommen,
hätte er für Braunschweig eine Sensation
dargestellt. Auch aus konservatorischen
Gründen wäre der Abguss des Gipsmodells
von hoher geschichtlicher Bedeutung gewe-
sen. Die Zerstörung des Gipses an einem
Ort hätte nicht den Verlust des Kunstwerkes
als Ganzes bedeutet. Ein neuerlicher Kon-
takt mit dem damaligen Dresdener Direkto-
rat dämpfte die Euphorie. Für einen Abguss
▶
Abb. 57:
Ernst Rietschel, Original-
modell der Quadriga für
das Braunschweiger
Residenzschloss, Maßstab
1:3, getönter Gips, um
1857-1860, Ausstellung
2004, Dresden,
Skulpturensammlung.