Seite 16 - Schloss_Wolfenbuettel

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I
Geschichte des Fürstentums, der Burg und Stadt Wolfenbüttel
I.2
Wie die Burg Wolfenbüttel in den
Besitz der Herzöge zu Braunschweig
und Lüneburg gelangte
Der Name Wolfenbüttel wird erstmals um das Jahr
1118 erwähnt.
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Die zur Weihe der Lindener Pfarr-
kirche St. Brictius ausgestellte Urkunde nennt in
der Zeugenliste einen gewissen Widekindus de
W(u)lferesbutle.
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Namenszusätze wie „von Wolfen-
büttel“ fungierten im 12. Jahrhundert noch nicht als
Familienname, sondern wiesen le-
diglich auf einen Herkunftsort hin. In
der Braunschweiger Fürstenchronik
wird Widekind von Wolfenbüttel als
Ministerialer (Dienstmann) der Gra-
fenfamilie der sogenannten Brunonen
bezeichnet.
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Widekind hatte zwar
keine Söhne, dafür jedoch eine ganze
Anzahl von Töchtern, von denen eine
die Frau des im Jahr 1154 bezeugten
Burchard, eines Dienstmannes Hein-
richs „des Löwen“, wurde.
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Dieser –
und damit lösten die Welfen das Regi-
ment der inzwischen ausgestorbenen
Brunonen im Braunschweiger Gebiet
ab – war vom Kaiser mit Bayern und
Sachsen belehnt worden. Burchard
und seine Söhne Ekbert I., Ekbert II. und Gunzelin
sollten in der Folgezeit eine wichtige Rolle als welfi-
sche Dienstmannen spielen.
Im Jahr 1192 kam es zu einem gefährlichen Kon-
flikt zwischen Herzog Heinrich „dem Löwen“ und ei-
nigen seiner Ministerialen.
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Zu diesen gehörten auch
die bis dahin treu ergebenen Ekbert
II. und Gunzelin von Wolfenbüttel. Es
kam schließlich so weit, dass Hein-
rich, des Herzogs Sohn, die Burg Wol-
fenbüttel, die in diesem Jahr als Burg
erstmals erwähnt ist, belagerte. Der
massive Einsatz von Belagerungsma-
schinen zwang Gunzelin schließlich
nach vier Tagen, die Burg aufzuge-
ben. Diese wurde vom Herzogssohn
in Flammen gelegt und unbrauchbar
gemacht.
Zu Anfang des 13. Jahrhunderts
finden wir Gunzelin am Hof König
Ottos (*1176; König: 1198-1208; Kai-
ser: 1209-1218 Kaiser), einem weite-
ren Sohn Heinrichs „des Löwen“. Als
Truchsess war er für die Versorgung
der königlichen Tafel zuständig.
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Da-
her kam Gunzelin eine herausragende
Stellung innerhalb der Hofverwaltung,
die damals außerdem die Hofämter
von
Kämmerer, Mundschenk und Marschall ein-
schloss, zu. Gunzelin begleitete im Jahr 1208 König
Otto, nachdem dessen Rivale und Gegenkönig, Phi-
lipp von Schwaben (*1177; König: 1198-1208), er-
mordet worden war, zur Königswahl nach Frankfurt
am Main und ein Jahr später schließlich zur Kaiser-
krönung nach Italien.
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Aus dem welfischen Dienst-
mann war nun ein dem Kaiser verpflichteter Reichs-
ministerialer mit weitreichenden Machtbefugnissen
geworden, und Gunzelin verblieb auch über den Tod
Kaiser Ottos IV. hinaus unter seinem Nachfolger Kai-
ser Friedrich II. (*1194; Kaiser: 1220-1250) im Amt.
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Durch seine enge Bindung an die Kaiser entzog sich
der schlaue Truchsess dem Einfluss seiner früheren
Dienstherren, der Welfen, und entwickelte seine Un-
abhängigkeit immer weiter.
Gunzelin baute die Vormachtstellung seiner Fa-
milie in der Wolfenbütteler Gegend systematisch aus.
Schon vor 1215 kam die Burg Peine in den Besitz sei-
ner Familie.
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Gunzelin gilt auch als Gründer der Stadt
Peine, deren Stadtwappen auf Gunzelins Siegel zu-
rückgeht.
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Es zeigt zwei Korngarben, über denen ein
Wolf kauert. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes
redendes Wappen, denn seine drei Elemente setzen
den Namen „Wolfenbüttel“ (mittelalterliche Form:
Wulferisbutle) bildlich um. Der Wolf steht für „Wulf-
heri“ – das Wort „büttel“ bzw. „butle“, das Siedlung
entspricht, verwechselte man zur Zeit der Entstehung
des Wappens, als die ursprüngliche Bedeutung des
Wortes offenbar nichtmehr geläufigwar, allerdingsmit
dem ähnlich klingenden mittelniederdeutschen Wort
„bote“, was Garbe bzw. Getreidebündel bedeutet.
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Nach 1218 begann man außerdem auf einem
strategisch günstig gelegenen Assekamm nahe
Wolfenbüttel mit der Errichtung der mächtigen As-
seburg,
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und die Nachkommen Gunzelins gingen
allmählich
dazu über, sich nach dieser Festung zu
nennen. Die Burgen Wolfenbüttel, Peine und die As-
seburg bildeten so das Fundament der Herrschaft der
Wolfenbüttel-Asseburger.
Gunzelin von Wolfenbüttel wird im Jahr 1236
ein letztes Mal am kaiserlichen Hof urkundlich er-
wähnt, doch blieb er auch unter König Konrad III.
(*1228; 1250-1254) in kaiserlichen Diensten. Dem
neuen König, Wilhelm von Holland (*~1227; 1254-
1256), der eine Tochter des welfischen Herzogs Otto
„das Kind“ (*1204; 1235-1252) zur Frau genommen
hatte, verweigerte er jedoch den Treueeid. Daraufhin
wurden den Herrren von Wolfenbüttel auf Betreiben
von Ottos Sohn, Herzog Albrecht „dem Langen“,
die Reichslehen aberkannt und in welfische Lehen
verwandelt.
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Bis zum Tode Gunzelins im Jahr 1255
blieb die Lage noch unentschieden, doch am 22. Juli
1255 zog Albrecht „der Lange“ in den Krieg gegen
Burchard III. von Wolfenbüttel, der sich weigerte, die
neuen-alten Dienstherren anzuerkennen. Nach nur
dreitägiger
Belagerung nahmen die Welfen die Burg